Freckenhorster Kreis bezieht Stellung gegen kapitalische Globalisierung

In einem zweijährigen Arbeits- und Diskussionsprozess hat sich der Freckenhorster Kreis (www.freckenhorster-kreis.de) mit den Folgen der kapitalistischen Globalisierung und dem von der Ökumene angestossenen processus confessionis befasst. In diesem Prozess wurde ein Bekenntnis formuliert, welches die Mitgliederversammlung des Freckenhorster Kreises jetzt als Ergänzung in sein Selbstverständnis aufgenommen hat. Wir dokumentieren die Stellungnahme:

Stellungnahme des Freckenhorster Kreises zu den Folgen des kapitalistischen Wirtschaftens im Prozess der Globalisierung

Vorbemerkungen

Auf der Vollversammlung 2005 wurde „Globalisierung“ als Schwerpunktthema für das kommende Jahr gewählt und ein Arbeitskreis zum Thema gegründet. In der Folgezeit erschienen verschiedene inhaltliche Beiträge zur Thematik der Globalisierung in den FK-Informationen. Ebenfalls befasste sich die Vollversammlung 2006 und speziell die Herbsttagung 2006 in Freckenhorst mit dem Thema. Aus den verschiedenen Arbeitsgruppen bei der Herbsttagung erwuchsen Stellungnahmen, die vom AK-Globalisierung zu kurzen Thesen formuliert wurden. Diese Thesen wurden auf der Vollversammlung des FK am 9.März 2007 diskutiert. Die überarbeiteten Thesen werden nunmehr von Ständigen Arbeitskreis des FK allen Mitgliedern zur Stellungnahme vorgelegt.

Zur Form: Die so genannten Thesen sind als Bekenntnisse formuliert. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum Diskurs. Wir wollen und können nicht das ganze Problemfeld der Globalisierung aufrollen. Es geht uns vielmehr um Stellungnahmen zu einem zentralen Feld der Globalisierung, nämlich zu den Folgen des kapitalistischen Wirtschaftssystems im Prozess der Globalisierung, die in zunehmendem Maße zur Verarmung und Ausbeutung von Menschen führen. Die formulierten Sätze verstehen wir nicht als sachliche Feststellungen, über die man je nach Standort, Interessen und Kenntnisstand streiten kann. Wir beziehen vielmehr Position zu dem, was als Auswirkungen der ökonomischen und ökologischen Globalisierung offensichtlich ist und von denen immer mehr Menschen in ihren elementarsten Lebensinteressen betroffen sind.

Die Entwicklung unserer Gesellschaft, national und international, fordert uns als Christen zu einer Stellungnahme heraus. Schon die Synode der Bistümer in der Bundesrepublik hat in ihrem Beschluss „Unsere Hoffnung“ (1975) formuliert, dass die Verheißungen des Reiches Gottes nicht gleichgültig sind gegen dem Grauen und dem Terror irdischer Ungerechtigkeit und Unfreiheit, die das Antlitz des Menschen zerstören. Und: „Wo die Unterdrückung und Not sich – wie heute – ins Weltweite steigern, muss diese praktische Verantwortung unserer Hoffnung auf die Vollendung des Reiches Gottes auch ihre privaten und nachbarschaftlichen Grenzen verlassen können. Das Reich Gottes ist nicht indifferent gegenüber den Welthandelspreisen.“ So sind wir heute zu einem processus confessionis herausgefordert durch die Tatsache, dass immer mehr Menschen zu Globalisierungsverlierern geworden sind und weiterhin werden. Oder anders gesagt: Wenn das Evangelium Jesu eine besondere Option für die Armen beinhaltet, dann müssen wir eine evangeliumsgemäße Empfindsamkeit und Parteinahme für die Armen, das heißt die Verlierer des Globalisierungsprozesses entwickeln. Die folgenden Sätze sind somit Glaubensbekenntnisse in dem Sinne, dass wir unseren christlichen Glauben und sein Gottesbild in Beziehung setzen zu den herrschenden Mechanismen und den Folgen des kapitalistischen Globalisierungsprozesses. Dabei geht es nicht um eine moralische Beurteilung des Verhaltens von Reichen und Armen, sondern um die Strukturen unseres Wirtschaftens, die „die Reichen immer reicher werden lassen auf Kosten der Armen, die immer mehr verarmen“ (3. Lateinamerikanische Bischofskonferenz, 1979 in Puebla, Nr. 30).

Wir selber stehen nicht über den Problemen. Wir sind vielmehr verstrickt in die bestehenden Strukturen und leben in einer Situation, in der wir nicht schuldfrei bleiben können. Es ist wie beim Liebesgebot Jesu. Wir wissen uns ihm verpflichtet und bleiben doch auch oft dahinter zurück. Dennoch müssen wir uns daran messen lassen. So stellt sich uns die Frage, ob wir uns von dem verbreiteten bürgerlichen Lebensgefühl so wie dem Lebensstil einer weithin gesicherten Mittelschicht und deren Interessen leiten lassen, oder ob wir uns durch das Evangelium pro-vozieren, herausrufen lassen in einem processus confessionis zur Solidarität mit denen, die durch das herrschende Wirtschaftssystem arm gemacht wurden und werden.

Das „Zeichen unserer Zeit“, die wirtschaftliche Globalisierung in einem kapitalistischen System, fordert uns als Christen heraus. Deshalb erklären wir als Freckenhorster Kreis:

Wir glauben und sind nach allem, was wir vom Evangelium Jesu verstehen, überzeugt, dass es nicht der Wille Gottes sein kann, dass Menschen im weltweit herrschenden Wirtschaftssystem in vielfacher Hinsicht ausgegrenzt und zu Opfern gemacht werden. Wir sind überzeugt, dass es möglich ist, durch faire Wirtschaftsbeziehungen der Gerechtigkeit unter den Völkern zu dienen und ihnen eine Chance zur menschlichen Entwicklung zu geben. Das wird dem Frieden auf der Welt dienen.

Wir glauben und sind überzeugt, dass es nicht im Sinne des durch die Bibel bezeugten Gottes ist, wenn weltweit immer mehr Menschen durch den herrschenden Kapitalismus als „Globalisierungsverlierer“ in Not geraten oder verelenden und damit von den Gütern der Erde und einem menschenwürdigen Leben ausgeschlossen werden.

Wir glauben und sind überzeugt, dass es nicht dem Evangelium Jesu entspricht, wenn auch in unserem Land immer mehr Menschen – darunter viele Kinder – in Folge von Arbeitslosigkeit und dem Abbau von gesellschaftlicher Solidarität an den Rand unserer Gesellschaft geraten und in zunehmender Armut leben.

Wir widersprechen und widersetzen uns einer verbreiteten Einstellung, die das herrschende Wirtschaftssystem mit seinen Auswirkungen fatalistisch und kritiklos hinnimmt oder gar für unüberwindbar hält.

Wir widersprechen und widersetzen uns einer kapitalistischen Wirtschaftordnung, in der die Arbeit von immer mehr Menschen und die Arbeitsbedingungen vieler sich vor allem an der Kapitalvermehrung orientieren, die wenigen zugute kommt.

Wir widersprechen und widersetzen uns, indem wir nach Ansätzen alternativen Handelns suchen. Wir wollen miteinander mögliche Konsequenzen bedenken und praktizieren, angefangen von der Unterstützung regionaler Wirtschaft, der Zahlung gerechter Preise und ethisch verantworteter Geldanlage bis hin zur Auseinandersetzung mit den globalen kapitalistischen Wirtschaftsstrukturen.

Wir suchen als Freckenhorster Kreis mit anderen nach der Verknüpfung unseres Widerspruchs mit konsequentem Handeln, das auch ökologisch zu verantworten ist. Wir hoffen, dass ein Netzwerk von unten wächst, in dem Menschen und Organisationen sich kritisch mit der kapitalistischen Globalisierung und ihren Folgen auseinandersetzen und aus Solidarität mit den Opfern ihre Stimme erheben.