Repression in Honduras

Mitteilung der Dominikaner aus Honduras
22. September 2009
An die Brüder der Dominikanerprovinz San Vicente Ferrer in Mittelamerika

Wir, die Schwestern und Brüder der Dominikanischen Familie in San Pedro Sula (Honduras) sind in Anbetracht der Entwicklung der Ereignisse wohlauf.
Angesichts der jüngsten Ereignisse und angesichts dessen, was in diesen Augenblicken auf dem Staatsgebiet von Honduras geschieht, nämlich angesichts von Gewalt, Unterdrückung und Aufhebung aller verfassungsgemäßen und der individuellen Grundrechte für die, die wir uns in diesem Lande aufhalten, teile ich euch einige wichtige Punkte mit, die zu beachten sind:

1. Auf dem Staatsgebiet werden alle Formen und alle Mitteln der Kommunikation mit dem Ziel außer Kraft gesetzt, jegliche Information im nationalen und internationalen Bereich über das zu unterbinden, was wirklich im Lande geschieht, d. h. über die repressiven Maßnahmen der de facto-Militärregierung. Das bedeutet die Außerkraftsetzung, den Ausschluss von und den Eingriff in Internet, Hörfunk, Fernsehen und Druckmedien sowie Telefonleitungen.

2. Die de facto-Regierung droht und verkündet öffentlich, die Stromversorgung im ganzen Land zu unterbrechen.

3. Die nationalen und internationalen Flugverbindungen wurden eingestellt; die Flughäfen des Landes wurden geschlossen und von Militär besetzt.  So wurde die Ankunft von Vertretern der OEA (Organisation Amerikanischer Staaten) sowie aller internationaler Organisationen  unter Einsatz von Zwang verhindert.

4. Das Land befindet sich in einem gesellschaftlichen und militärischen Chaos. Die Schutzpolizei und das Heer handeln konkret: sie schlagen, misshandeln, verhaften, foltern und greifen Einrichtungen an wie die Presse, Menschenrechtsorganisationen, Vereinigungen, und Gewerkschaften, sowie Lehrer, Bauernführer, Feministinnen usw. Der Ausnahmezustand bleibt weiter in Kraft, und so wird für unbegrenzte Zeit aus dem Land ein Gefängnis. Beispielhaft verweise ich auf das Stadion von Tegucigalpa: Es ist überfüllt, und zwar heute nicht wegen eines die Sinne beraubenden Fußballspieles, sondern weil Gefangene in diesem großen Gefängnis gefoltert werden, die als Aufrührer, als Unehrerbietige gegen den Militärputsch und gegen die de facto-Regierung kämpfen.

5. Angesichts all dieser Ereignisse werde ich wahrscheinlich in naher Zukunft keine Briefe mehr schreiben können, so wie ich es bis vor wenigen Stunden gemacht habe, um euch eine Vorstellung von den Bedingungen zu geben, unter denen wir im Landesinneren leben. Wahrscheinlich werden wir bald auch keine Telefonverbindungen mehr haben.

6. Schließlich fordere ich euch auf, dafür zu sorgen dass Briefe, Verlautbarungen, Solidaritätsaufrufe, konkrete Aktionen und auch telefonische Mitteilungen mit dem Ziel verbreitet werden, Druck auszuüben und internationale Unterstützung zu schaffen, damit sich die Unterdrückung, die jetzt in Honduras herrscht, nicht weiter verbreitet. Wir sind als Orden und als Mitglieder von geistlichen Instituten, von Ordenskonferenzen und als Menschen, die den kirchlichen Hierarchien in unseren Ländern nahe stehen, verpflichtet, verantwortlich in der Nachfolge von Jesus Christus und seinem lebendigen Evangelium zu handeln, und wir dürfen dieser Wirklichkeit gegenüber, die uns alle betrifft, nicht gleichgültig sein.
Ich bin mir bewusst, dass wir nicht alle in gleichem Maße betroffen sind und dass wir nicht alle diese Ereignisse auf gleiche Art erleben und mit gleicher Wucht an uns erfahren. Aber wenn wir uns alle, in prophetischer, einfühlsamer und solidarischer Gesinnung verpflichtet haben, uns um Unterstützung und Kommunikation zu kümmern, dann sollen alle, denen es möglich ist, sich für das Volk von Honduras und für die Verteidigung des Lebensrechtes dieses Volkes engagieren.
Deshalb fordere ich erneut die Verantwortlichen unserer Ordensprovinz auf, die Gemeinschaften und die verschiedenen Kommissionen, insbesondere aber den verantwortlichen Koordinator für Gerechtigkeit und Frieden, wachsam zu sein und ständig Kontakt mit dem weltweiten Orden und andere internationalen Organisationen zu unterhalten und so eine Entscheidung zu Gunsten des Engagements mit dem Ziel zu ermöglichen, die Menschenrechte in Honduras zu verteidigen.

[…]

Herzliche Grüße
Hochachtungsvoll
Frater Óscar Vásquez OP

Die Liebe und die Wahrheit werden einander begegnen,
und die Gerechtigkeit und der Friede werden sich umarmen
(Psalm 85/84).

Übersetzung: Manfred Etscheid
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Anmerkung des Übersetzers:
1. Der Text, den ich von brasilianischen Dominikanern erhalten habe, wurde unter der Adresse ins Internet gestellt:
http://www.simpatizantesfmln.org/blog/?p=1483
2. In Honduras gibt es (nur) ein Dominikanerkloster, nämlich in San Pedro Sula: http://dominicosca.org/index.php?option=com_content&view=article&id=150
Das Haus ist nach dem ersten Ordensoberen der Dominikaner in der Neuen Welt benannt. Im Auftrag dieses Pedro de Córdoba verkündete Antón de Montesino OP am 4. Adventssonntag 1511 von der Kanzel: „Die Indianer sind Menschen wie wir. Sie haben ebenfalls eine denkende Seele“. Das war der Anfang der bis in die Gegenwart andauernden Verteidigung der Rechte der Ureinwohner Amerikas.
3. Vgl. zum jetzigen Vorgang auch: http://curia.op.org/es/index.php?option=com_content&view=article&id=211:comunicado-de-la-familia-dominicana-en-honduras&catid=65:general
4. Vgl. auch: http://www.adital.org.br/site/noticia.asp?lang=ES&cod=39689