Alejandro Dausa (Centro Memorial Martin Luther King, Havana)
Der Name Heiligendamm geht zurück auf eine mittelalterliche Legende, die besagt, dass eine Gruppe von Mönchen himmlischen Beistand gesucht hat angesichts der gewaltigen Wellen der Ostsee, die das Kloster, in welchem sie lebten, zu zerstören drohte; Die Hilfe der Heiligen zeigte sich in einem großen Damm, der das Wasser aufhielt und somit die Brüder und ihr Kloster beschützte.
In diesen Tagen scheint sich die Geschichte an jenem Ort in Deutschland zu wiederholen. Lediglich die Personen und die Absichten haben sich verändert. Weniger in Analogie zu dieser heiligen und berühmten Sage als vielmehr aus Pragmatismus hat die Gruppe der 8 ihre eigene Schutzmauer in Form eines Zauns, der 13 km lang und 2,5 m hoch ist und der sogar wie ein Metallnetz bis ins Meer hineingeht, aufgebaut. Allerdings hat sie nicht mit einem göttlichen Eingreifen gerechnet: Trotz der Verbote und Tausenden von Polizisten hat eine unaufhaltsame menschliche Welle es geschafft die Zugangswege, Straßen und Eisenbahnlinie zu blockieren und gegen die repressive Globalisierung und ihre Antreiber zu protestieren. Dabei handelt es sich um ein weiteres Kapitel in einer Reihe von Ereignissen, die seit einigen Jahren eingeleitet wurden und die gekennzeichnet sind von der wachsenden Unruhe der Mächtigen, die keine ungestörten Orte für ihre Treffen mehr zu finden scheinen und deshalb unnützerweise auf alle möglichen Tricks zurückgreifen. Die weltweite Welle der Protestierenden ist aber darauf vorbereitet überall, an jedem Ort, ihre Ablehnung des Systems zum Ausdruck zu bringen. Und sie konnte auch jetzt wieder einen erneuten Triumph verzeichnen.
Ein Journalist betonte als grenzwertiges Beispiel, dass sogar die deutschen Kirchen sich dem Protest angeschlossen haben, indem sie die Glocken läuten ließen und sich an der Demonstration beteiligten. Aber darüber hinaus gab es noch mehr. Das Institut für Theologie und Politik hatte zu einem workshop mit theologischen ExpertInnen aus verschiedenen Ländern eingeladen. Zu Beginn der Veranstaltung machte Michael Ramminger aus Deutschland deutlich, dass ein wichtiger Beitrag zur Formulierung einer scharfen Kritik darin besteht, die Sünden des Kapitalismus beim Namen zu nennen. Die Brasilianerin Nancy Cardoso sprach über die Notwendigkeit den Mechanismus der Reproduktion des Kapitalismus, der in seiner eigenen Fähigkeit des sich beständig neu Erfindens besteht, zu zerstören. Dabei muss es vor allem darum gehen, die unterschiedlichen Formen der Entfremdung wie die ökologische, der Arbeit, die erotische, historische und eschatologische zu demaskieren.
Boniface Mabanza, Kongolese, zeigte die Auswirkungen der Sünden auf den afrikanischen Kontinent auf. Außerdem verwies er darauf, dass obwohl der G8 Gipfel vorgibt, sich mit Afrika aus einer menschlichen Perspektive zu beschäftigen, weit davon entfernt ist, politische Probleme oder die Ursachen der Armut in dieser Region zu diskutieren.
Kirenia Criado aus Kuba machte einen historischen Rückblick auf die tödlichen Auswirkungen des Kapitalismus und verwies dabei besonders auf die Instrumentalisierung des Religiösen. Sie erinnerte an die Worte von Frei Betto, in denen er sagt „wenn der Kapitalismus religiös wird, dann geht es darum, den Himmel zu gewinnen, denn die Erde gehört ihm schon; er bietet Almosen, aber keine Rechte, zündet Kerzen an, aber niemals Hoffnungslichter, er betet für die Umkehr des individuellen Herzen, aber nicht der Gesellschaft; ihm ist es möglich Christus in der Eucharistie zu erkennen, aber niemals im Angesichts dessen der Hunger leidet, kein Land besitzt oder kein Dach über dem Kopf hat.“ Den Abschluss ihrer Überlegungen bildete die Lektüre von Texten aus dem Buch der Apokalypse, die das Thema einer ökonomischen Systemkritik sowie die Konstruktion von Hoffnung beinhalten.
Übersetzung aus dem Spanischen: Sandra Lassak