Franz Hinkelammert, Ökonom und Theologe, geb. 1931 im westfälischen Emsdetten nahe Münster, ist im Alter von 92 Jahren in San José Costa Rica gestorben. Wir empfinden tiefe Trauer angesichts dieses letzten Adiós, zugleich aber eine immense Dankbarkeit für diesen schöpferischen Denker und Freund, der das Institut für Theologie und Politik von Beginn an begleitete. Wir danken ihm dafür, dass er die Anstrengung unseres eigenen Denkens durch seine Kreativität beflügelt und den Widerstand gegen die Diktatur der Alternativlosigkeit durch die Suche nach Alternativen hartnäckiger gemacht hat. Franz Hinkelammert: ein letztes Adiós weiterlesen
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Jeder hat das Recht auf Empörung … lieber Herr Prof. Halík,
Antwort auf den Prager Theologen und Philosophen Prof. Tomáš Halík und seine Polemik gegen die Friedensdemonstration in Berlin vom 25.02.2023:
Jeder hat das Recht auf Empörung lieber Herr Prof. Halík, aber christliche PazifistInnen als nützliche Idioten zu diffamieren, ist absolut inakzeptabel. Eine solche Rede zeugt von einem Freund-Feind-Denken und von einem Bellizismus, der seit einem Jahr schon nicht in der Lage ist, diesen grausamen Krieg zu beenden. Immer mehr Waffen türmen sich auf, immer mehr Menschen sterben. Jeder hat das Recht auf Empörung … lieber Herr Prof. Halík, weiterlesen
„Den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt.“ ( 2 Tim 4,7) Zum Tode von Renate Wind
Am 9.Januar 2023 ist Renate Wind (geb.1950), emeritierte Professorin für biblische Theologie, nach einem Herzinfarkt in Heidelberg gestorben. Eine große politische Theologin und engagierte Pfarrerin, eine beispielgebende Friedenskämpferin (Christliche Friedenskonferenz – CFK u.a.m.) und auch eine bis zuletzt überzeugte Sozialistin ist uns vorangegangen „ins ewige Vaterhaus“. Im Angesicht des Todes versagt die exakte Wissenschaftssprache und wir nehmen gerne Zuflucht, wie auch hier, zu Metaphern, Bildern und Visionen. In beiden Sprachwelten war Renate Wind zu Hause und wusste diese auch souverän miteinander durch die Arbeit der Zuspitzung zu verknüpfen. Dies wird belegt durch den breiten Fächer ihrer Publikationen, die von bestechenden Biographien über einfallsreiche sozialgeschichtliche Bibelstudien bis hin zu pointierten politischen Interventionen reichen. „Den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt.“ ( 2 Tim 4,7) Zum Tode von Renate Wind weiterlesen
Die Unterbrechung denken
Ein Beitrag von Michael Ramminger in: Neue Wege 10/11.22
Die Gegenwart ist geprägt von Krisen und Katastrophen. Der Fortschritt kann es nicht richten. Hilft messianisch-apokalyptisches Denken weiter? Eine Auseinandersetzung mit den jüdischen Denkern Walter Benjamin und Gershom Scholem, Geistesverwandten von Margarete Susman.
Die Klimakatastrophe, der Abschied von der Vorstellung einer Welt ohne Kriege und jetzt schon Hunderte von kriegerischen Konflikten um Rohstoffe – von Öl über seltene Erden bis hin zu Wasser – verdunkeln die Zukunft. Das «Weiter-So» wird nicht wirklich in Frage gestellt wird. Können uns Überlegungen des jüdischen Philosophen Walter Benjamins (1892-1940) eine Antwort auf die zwanghaften und scheinbar aussichtslosen und in die Katastrophe laufenden kapitalistischen Prinzipien bereithalten? Die Unterbrechung denken weiterlesen
Die alte Verfassung und die neue Welt – Gedanken zu Chile
Michael Ramminger/ Thomas Ladholz
Noch sind die Dinge im Fluss in Santiago. Zwar ist die Trauer bei vielen über die massive Ablehnung der neuen Verfassung noch deutlich sichtbar, viele Gesichter noch müde und ratlos. Aber zugleich werden die Ereignisse doch auf unterschiedliche Weise bearbeitet. Die SchülerInnen und die Studierenden waren auf der Straße, die Demonstrationen sind deutlich schwärzer geworden, anarchistische Gruppen bestimmen das Bild. Aber sie, ebenso wie die vielen, oft jungen Menschen, die in den Stadtteilen für die Verfassung gearbeitet haben, teilen eine Überzeugung: „Nos quitaran todo, hasta la miedo“. Dieser Slogan der FeministInnen ist überall zu hören, auf den Demonstrationen drückte er sich in der ungehemmten Wut auf die Pacos, die Polizei aus. Zwölf, dreizehnjährige greifen die Wasserwerfer und Zorrillos genannten Polizeifahrzeuge, die gassprühenden Stinktiere an, als hätten sie nichts zu verlieren. Ihre Entschiedenheit weist zurück in den Estadillo Social, den Beginn des Aufstandes vor nun fast drei Jahren, der den verfassungsgebenden Prozess erst möglich gemacht hat. Die alte Verfassung und die neue Welt – Gedanken zu Chile weiterlesen
Eines Tages werden sich die großen Straßen öffnen …*
Die Abstimmung in Chile über eine neue Verfassung ist vorbei. Sie wurde abgelehnt. Das „Rechazo“ (Zurückweisung) gewann mit ca. 60% bei einer Wahlbeteiligung von ca. 85% Prozent.
Während wir mit Freunden den Tag in ihrem Garten verbrachten – neben einem kurzen Abstecher zur Wahlstation – und ausgelassen über Gott, die Welt und die Perspektiven nach dem Referendum diskutierten, wurde die Stimmung kurz vor 18 Uhr angespannter. Im Grunde genommen fieberten alle bereits den ganzen Tag auf diese Uhrzeit hin, endlich, das Warten war vorbei. Die Wahllokale waren geschlossen und die Auszählung begann. Während bei ca. 1% der Stimmen das „Apruebo“, die Zustimmung zur Verfassung, noch vorne lag, deutete sich bereits bei Auszählung von 6% der Stimmen eine Tendenz für das „Rechazo“ ab. Eines Tages werden sich die großen Straßen öffnen …* weiterlesen
HERAUSFORDERUNGEN – CHANCEN UND VERPFLICHTUNGEN NACH DEM 04. SEPTEMBER 2022
Dieser Sonntag, der 4. September, markiert das Ende eines wichtigen Zyklus in der Geschichte Chiles, insbesondere für die vom Neoliberalismus unterdrückten Volksgruppen, die unsere Ängste gebrochen haben und am 18. Oktober 2019 auf die Straße gegangen sind, um tiefgreifende Veränderungen in den Bereichen der sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte zu fordern.
Diese Mobilisierungen lösten einen Prozess intensiver Debatten auf allen Ebenen aus, und am 15. November 2019 beschloss das Parlament unter dem Druck der nationalen Volksmobilisierung, einen Zeitplan für die Änderung der von der zivil-militärischen Diktatur auferlegten Verfassung festzulegen.
Die sozialen Bewegungen haben sich aktiv an den Mobilisierungen beteiligt, und im Rahmen des Prozesses zur Änderung der derzeitigen Verfassung ist es uns gelungen, Kandidaten und gewählte Konventsmitglieder dazu zu bringen, einen Entwurf für eine neue Verfassung auszuarbeiten. Der Zeitplan wurde strikt eingehalten, und am kommenden Sonntag, dem 4. September, wird in einer landesweiten Volksabstimmung mit obligatorischer Stimmabgabe über die Annahme oder Ablehnung des Vorschlags des Verfassungskonvents abgestimmt, an dem 154 Konventsmitglieder teilgenommen haben, und zwar paritätisch nach Geschlechtern und unter Beteiligung aller indigenen Völker Chiles. HERAUSFORDERUNGEN – CHANCEN UND VERPFLICHTUNGEN NACH DEM 04. SEPTEMBER 2022 weiterlesen
Frieden schaffen mit immer mehr Waffen?
Michael Ramminger
Auf ihrer Frühjahrsvollversammlung im fränkischen Wallfahrtsort Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein hat die deutsche Bischofskonferenz am Donnerstag, den 10.03.22 erklärt, dass mit dem Ukraine-Krieg die regelbasierte Ordnung in Europa aufgekündigt und Europa damit auf den Weg einer ungewissen Zukunft geschickt worden sei. Wörtlich erklärten sie: „Alle spüren: Die Invasion in die Ukraine ist auch ein Angriff auf Europa und seine Werte.“
Der meistzitierteste Satz in der bundesdeutschen Öffentlichkeit ist dann dieser: „Rüstungslieferungen an die Ukraine, die dazu dienen, dass das angegriffene Land sein völkerrechtlich verbrieftes und auch von der kirchlichen Friedensethik bejahtes Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann, halten wir deshalb für grundsätzlich legitim.“ (Der Aggression widerstehen. Den Frieden gewinnen. Die Opfer unterstützen. Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zum Krieg in der Ukraine) Frieden schaffen mit immer mehr Waffen? weiterlesen
Ton Veerkamp – Lehrer im Lehrhaus
Am 28. Februar 2022 ist unser Freund, unser Lehrer gestorben. Wir trauern um einen Weggefährten, dessen Sprachkraft, dessen Standfestigkeit in Auseinandersetzungen, dessen inspirierende Kraft uns fehlen wird.
Klarheit und Verständlichkeit
1993 veröffentlichte Ton einen Aufsatz in der christlich-links-alternativen Zeitschrift „Kreuz und Quer“, überschrieben: „Was steht in diesem Buch?“. In diesem Text erklärt er einer chinesischen Musikstudentin, was der Inhalt seines gerade erschienenen Buches „Autonomie und Egalität“ als Auslegung der Bibel bedeute. Ton Veerkamp – Lehrer im Lehrhaus weiterlesen
Krieg in der Ukraine
Am 6. März 2022 erschien auf katholisch.de ein Kommentar des Salzburger Dogmatikers Hans-Joachim Sander zum – nach seiner Überzeugung uneindeutigen – Verhalten von Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg: „Jede Person und jede Nation, jede Gesellschaft und jede Organisation, jeder Staat und auch jede verfasste Religion werden dadurch gefragt, wo sie jeweils stehen: auf der Seite autoritärer Macht und ihrer korrupten Bereitschaft zur Gewalt – oder dagegen.“
Das hört sich erstmal überzeugend an. Entpuppt sich aber als ein Freund-Feind-Denken, das in dieser Situation des Krieges Öl ins Feuer gießt. Deshalb hier eine Replik von Michael Ramminger auf diesen Kommentar Sanders‘.
Krieg
Das war ein Krieg mit Ansage. Und ich ertrage die Krokodilstränen über das Leiden „einer Nation, die um ihre Chance auf Demokratie und um humane Teilhabe an einem friedlichen Europa, das sie kulturell, wirtschaftlich, politisch weiterbringt“1 nicht. Worüber sollen wir reden bei diesem Krieg: Darüber, dass dem ehemaligen us-amerikanischen Außenminister Henry Kissinger (den man aus guten Gründen nicht mögen muss) schon 2014 klar war, dass sich das „Abdriften in Richtung Konfrontation beschleunigen wird, und die Zeit früh genug kommen wird …“. Krieg in der Ukraine weiterlesen