Bericht zur achten Befreiungstheologischen Sommerschule des ITP

Gedenkmarsch für Romero in El Salvador
Gedenkmarsch in El Salvador für Oscar Romero, einer der wichtigsten Vertreter der Befreiungstheologie.

Vom 11. bis 16. August 2015 fand in Georgsmarienhütte bei Osnabrück die achte befreiungstheologische Sommerschule des ITP unter dem Titel „Von den Götzen der Unterdrückung zum Gott der Befreiung“ statt. Die Sommerschule wurde gemeinsam mit dem Befreiungstheologischen Netzwerk Münster organisiert.

Mit 27 TeilnehmerInnen, größtenteils Studierende verschiedener Fachrichtungen, diskutierten wir sechs Tage – und Nächte – lang über Religionskritik, eine politische Lektüre der Bibel und solidarische Handlungsmöglichkeiten heute an „unseren Orten“.

Religion ist heute – gegen die Säkularisierungsthese – allgegenwärtig. Sei es über Weltjugend- oder Kirchentage, exorbitante finanzielle Ausgaben von Bischöfen, den Islamischen Staat, oder die „Todsünden“, welche man mit dem Essen mancher Eissorten begeht. Angesichts dieser Omnipräsenz haben wir es uns in diesem Jahr zur Aufgabe gemacht, einen kritischen Blick auf Religion zu werfen. Dazu haben wir uns mit der Religionskritik von Feuerbach und Marx auseinandergesetzt. Nach Marx ist Religion ein Produkt der Gesellschaft, d.h. der Menschen. Religionskritik wird deshalb zur Gesellschaftskritik und konkret zur Kapitalismuskritik. Nicht bloß die Religion ist in Frage zu stellen, sondern die (leidproduzierenden) Verhältnisse, die Religion hervorbringen, so Marx.

Wie lässt sich angesichts eines (selbst-)kritischen Blicks auf Religion noch verantwortbar die Bibel gelesen werden? In einem zweiten Schritt haben wir uns mit der politischen Lektüre der Bibel von Ton Veerkamp, Dick Boer, Kuno Füssel und Ernst Bloch auseinandergesetzt. Diese fragt nicht, ob es Gott gibt oder nicht. Denn „Gott“ bzw. „Götter“, verstanden als letzte menschliche und gesellschaftliche Verbindlichkeiten gibt es immer. Sei es als „König“, als „bürgerliche Verfassung“ oder als „das, was aus der Sklaverei führt“. Die Frage ist demnach nicht ob, sondern welcher Gott. In der Bibel können wir die (politische) Geschichte mit dem, was aus der Sklaverei führt – der NAME –, lesen.

Was ist eigentlich Religion? Gibt es sie nur in Form der altbekannten, wie Christentum, Hinduismus, Judentum usw.? Der Philosoph Walter Benjamin hat 1921 versucht, den Kapitalismus als Religion zu verstehen. Das besondere des Kapitalismus jedoch ist, dass es sich um eine Religion handelt, die verschuldet statt zu entsühnen. Ist es dann weiterführend dem Kapitalismus mit den Werkzeugen der Religionskritik zu begegnen?

Die befreiungstheologische Sommerschule wurde mit den Überlegungen zu solidarischen und politischen Handlungsmöglichkeiten heute abgeschlossen.

Wie jedes Jahr wurde nicht nur gelesen und diskutiert, sondern auch gemeinsam gekocht, Gottesdienst gefeiert, gesungen usw.

Auch 2016 wird das ITP wieder eine befreiungstheologische Sommerschule organisieren. Ort und Termin werden demnächst bekannt gegeben. Bei Interesse und für mehr Informationen kannst du/ können Sie sich gerne an uns wenden (siehe Kontakt auf www.itpol.de).