Unter dem Titel „Hurra diese Welt geht unter. Über Apokalypsen, Utopien und wie es mit uns weiter geht“ fand vom 06.-11. September 2016 die neunte Befreiungstheologische Sommerschule des Institut für Theologie und Politik in Rheinböllen (Hunsrück) statt. Der inhaltliche Schwerpunkt dieser Tage lag auf der Beschäftigung mit der Johannes-Apokalypse. Methodisch bedienten wir uns dabei der materialistischen und einer befreiungstheologisch-feministischen Bibellektüre.
Die Themen, die sich in den Workshops herausgebildet haben, waren vor allem die „ideologiekritische“ Dimension der Johannes Apokalypse (Offb. 13). Die Katastrophenbilder lasen wir dementsprechend als aufdeckende Interpretationen des Römischen Imperiums und fragten, ob und wie wir heute Bilder verwenden können/sollen, um die Brutalität der gegenwärtigen Verhältnisse aufzudecken. Wie lassen sich existierende Bilder, wie „Das Boot ist voll“ umdrehen? Welche Bilder lassen sich dem entgegensetzen? Unter dem Stichwort „Apokalypse now“ haben wir uns mit dem Buch „An unsere Freunde“ vom Unsichtbaren Komitee beschäftigt. Der Text weist einige Parallelen zur biblischen Apokalyptik auf: Die Katastrophe kommt nicht irgendwann mit einem großen Knall, wie man es aus Hollywood-Filmen kennt, sondern sie befindet sich im Hier und Jetzt. Der Text ruft deshalb zum gemeinsamen Handeln und zu einer gemeinsamen Bestimmung der gesellschaftlichen Lage auf. Auch die Bilder des Johannes lassen sich nicht nur als Verfremdungen lesen, sondern als ein Interpretationsvorschlag, mit dem der Schreiber nach Verbündeten sucht: Etwa, wenn die brutale Gewalt des römischen Imperiums verdeutlicht wird, indem die römischen Kaiser als wilde, gefährliche Tiere beschrieben werden.
Zum Abschluss setzten wir uns mit Utopien auseinander. In verschiedenen Workshops beschäftigten wir uns mit Offb 21 und Jes 65, mit der Reich-Gottes-Theologie von Jon Sobrino und mit unterschiedlichen Utopieansätzen von der russischen Band Pussy Riot, Dorothee Sölle, Caroline Klinger und Gregor Taxacher.
Auch besuchten wir die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert, die erst seit 10 Jahren ihre Arbeit aufnehmen konnte und damit deutlich macht, wie viele Widerstände sich häufig auftun, wenn die Geschichte aus der Perspektive der Opfer erinnert werden soll. Mit der Exkursion wurde eine Brücke geschlagen zum Aufgreifen des apokalyptischen Denkens in der Neuen Politischen Theologie, die eng mit der sogenannten „Theologie nach Auschwitz“ in Verbindung steht.
Der intensiven inhaltlichen Diskussionen entsprach ein gute Miteinander. Die Sommerschule fand in einem Selbstversorgerhaus statt, was viele Gelegenheiten bietet über inhaltliche Auseinandersetzungen hinaus sich kennenzulernen, Interessen zu teilen und Gemeinschaft zu leben.
Eine weitere Befreiungstheologische Sommerschule ist auch in Überlegung. Diese wird vermutlich Anfang/Mitte September 2017 in der Nähe von Münster statt finden. Ob, wann und zu welchem Thema die nächste Sommerschule stattfindet, wird demnächst bekannt gegeben. Interessierte können sich gerne unter kontakt[at]itpol.de melden.