Katakombenpakt von Bischöfen erneuert Amazonassynode in Rom geht mit einem Bekenntnis zur Ökologie und sozialer Gerechtigkeit zu Ende
Münster. Gestern, am 27. Oktober 2019 ist die Amazonassynode der katholischen Bischöfe in Rom zu Ende gegangen. Dort ging es um ökologische und soziale Fragen in Amazonien und die Reformen, die die Kirche dort angehen muss, um ihrer Aufgaben, sich an der Seite der Menschen dort in ihrem Kampf für die Rechte der Indigenen und der Umwelt einzusetzen, besser gerecht zu werden. „Wir müssen uns dringend mit der grenzenlosen Ausbeutung des „gemeinsamen Hauses“ und seiner Bewohner auseinandersetzen,“ heißt es dazu im Abschlussdokument der Synode. „Dessen Plünderung geht einher mit einem Blutvergießen Unschuldiger und einer Kriminalisierung jener, die das Gebiet verteidigen,“ stellt die Amazonassynode fest und wendet sich somit gegen die Kriminalisierung Sozialer Bewegungen, insbesondere der Klimaschutzbewegung, zu der es in Lateinamerika wie in Europa immer wieder kommt.
Für das Institut für Theologie und Politik (ITP) in Münster, das sich seit über 25 Jahren in Solidarität mit den lateinamerikanischen Bewegungen um die Weiterentwicklung einer befreienden Theologie in Europa bemüht, ist die am Rande der Synode erfolgte Erneuerung des Katakombenpaktes in den Domitilla-Katakomben neben dem Abschlussdokument eine der wichtigsten Früchte der Synode. Bei einer vom ITP veranstalteten Versammlung war dort bereits 2015 von 250 Teilnehmenden, vorwiegend Laien, in Anwesenheit des Unterzeichners des ersten Katakombenpaktes Bischof Luigi Betazzi und von Bischof Erwin Kräutler aus Brasilien der Katakombenpakt von 1965 als „Geburtsstunde“ der Befreiungstheologie und einer Kirche der Armen bereits erneuert und erinnert worden (www.pro-konzil.de).
„Wir freuen uns, dass unsere Bemühungen, den Katakombenpakt durch viele Publikationen und Veranstaltungen dem Vergessen zu entreißen und neu als Basisdokument einer Kirche der Armen im kollektiven Gedächtnis zu verankern, so überraschend auch auf weltkirchlicher Ebene Früchte getragen haben. Wir hoffen, so einen Beitrag zu einer echten Reform der Kirche leisten zu können, die nicht bei der Demokratisierung der internen Strukturen stehen bleiben kann, sondern inhaltlich den Einsatz für das Überleben von Mensch und Natur auf diesem Planeten in den Vordergrund rücken muss, gegen ein kapitalistisches Wirtschaftssystem, das die Erde verwüstet und unsägliches menschliches Leid produziert,“ so der Theologie Dr. Michael Ramminger vom Institut für Theologie und Politik. Mit einer eigenen „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohlerevier am 18. bis 20. Oktober 2019 hatte das ITP die Anliegen der Amazonassynode aufgegriffen und auf die Situation des Braunkohleabbaus und des Konfliktes um den Hambacher Forst und den Einsatz von ChristInnen in diesen Konfliktfeldern bezogen (https://www.itpol.de/klimasynode-von-unten-im-rheinischen-braunkohlerevier-verabschiedet-erklaerung-an-amazonassynode-in-rom/).
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Gestern, am Freitag, den 25.10. 2019 starb unser guter Freund Conrado Berning. Was soll man sagen, wenn ein guter Freund geht und eine Lücke hinterlässt, die alle schmerzt. Seine Familie, seine Freunde?
Conrad war katholischer Priester, er war Missionar bei den Steyler Missionaren. 1969 erhielt er die Priesterweihe und ging als SVD nach Brasilien. Es war eine Zeit, die sich wohl heutzutage niemand mehr vorstellen kann: Brasilien noch ein riesiger Dschungel und Regenwald, noch war nicht alles abgeholzt und für Soja, Zuckerrohr und Viehzucht gerodet, auch wenn die Militärdiktatur fleißig dabei war.
Die Kirche muss wohl, hört man auf Conrads Erzählungen, einigermaßen vorkonziliar gewesen sein, Sakramentenpastoral, Hauptsache Bekehrungen usw.
Aber Conrad hatte schon hier seine Leidenschaft mit nach Brasilien gebracht: „Es sind Super 8mm-Filmchen, Dick und Doof oder Ähnliches. Mit einem kleinen Stromaggregat und Bettlaken ist auch mitten im Wald schnell ein funktionsfähiges Kino eingerichtet. Film und Fernsehen ist diesen Neusiedlern vollkommen unbekannt, ebenso unbekannt wie die Landung des ersten Astronauten Armstrong auf dem Mond….“, so schreibt er in seinen Memoiren.
Das war eine seiner Leidenschaften: Das Filme-Machen. 1977 erhält er eine Einladung der brasilianischen Bischofskonferenz, eigentlich von Kardinal Ivo Lorscheiter, die Medienarbeit für die brasilianische Bischofskonferenz zu übernehmen, katechetische Diaserien und Filme zu produzieren. Conrado wird zu einer wichtigen Figur in dieser Medienarbeit, die zugleich mit seiner zweiten, unendlich tiefen Leidenschaft verbunden ist: dem Evangelium, der frohen Botschaft für die Armen und einfachen Leute. Conrad war kein Theologe, er war überzeugter Christ. Bis zum Schluss hat er von dieser Zeit der brasilianischen Kirche, der Befreiungstheologie und den Basisgemeinden mit leuchtenden Augen erzählt Vom einfachen Leben der Bischöfe, die so jede Distanz zu den Menschen auf der Straße abgelegt hatten, von den Basisgemeinden und ihrem Kampf gegen Diktatur und Ungerechtigkeit. Conrad war katholischer Priester, aber ihm war jede Form von Klerikalismus, liturgischem Pomp zuwider. Für all diese „Typen“ hatte er immer nur ein schelmisches Lachen über.
Sein filmisches Schaffen umfasste die Dokumentationen der Basisgemeindentreffen, Aktivitäten der Bischofskonferenzen; es entstehen unzählige Dokumentarfilme, meist Kurzfilme in 16mm und drei Langspielfilme für alternative Kinos in 35mm Kinoformat: „Gottes Volk auf dem Weg“ (Pé e fé na caminhada“) über die Befreiungstheologie, „Der schwarze Ring“ (die Bekehrung eines Reichen), und „Ameríndia“ (zum 500-Jahr-Gedenken der falschbenannten „Entdeckung“ Amerikas).
Mit der Kehrtwende der katholischen Kirche in den 80er Jahren verändert sich auch die katholische Kirche in Brasilien. Nicht mehr Befreiungstheologie, Bischöfe an der Seite der Armen machten das Bild der Kirche aus: Massenevangelisierung, Liturgie und traditioneller Klerikalismus bestimmten die Kirche mehr und mehr. Conrads Filme und seine christliche Überzeugung waren nicht mehr gefragt. Und deshalb entschloss er sich, zurück nach Deutschland zu gehen. Er hat darüber nie verbittert, das war nicht seine Art – aber doch mit entschiedenem Urteil gesprochen. So wie er auch über seine Situation hier in Deutschland und die Kirche hier gesprochen hat. Ich möchte ihn noch einmal selbst zu Wort kommen lassen:
„Mein Verhältnis zur Kirche hier gestaltete sich von Jahr zu Jahr schwieriger. Die Enttäuschungen wurden zu viele und zu groß. Als „Ex“ und zusammen mit meiner Frau (und zwei Kindern) ist man in der deutschen Kirche im Rahmen der bestehenden Strukturen nicht mehr gefragt. Noch schlimmer: nachdem ich einmal bei einer Firmung als Firmpate aufgetreten und auch zum Kommunionempfang gegangen war, hielt es der zelebrierende Weihbischof aus Münster einige Tage danach, als er mich traf, für angebracht, mich nach meiner genaueren Lebenssituation zu fragen. Er wollte wissen, ob wir kirchlich verheiratet seien. Ich daraufhin: „Nein, das geht ja nicht, ich bin ja Priester“. Es machte ihn stutzig, dass ich nicht den Laisierungsprozess unterschrieben hätte. Als ich ihm sagte, das Theater hätte ich mir nicht antun wollen, weil ich mit Leib und Seele Priester (gewesen) sei, antwortete er, dann könne er mir bei einer nächsten Gelegenheit leider nicht mehr die Kommunion reichen, ebenso auch nicht meiner Frau. Daraufhin antwortete ich nur noch: „In diese Verlegenheit werde ich sie sicher nicht mehr bringen, Herr Bischof, ich kann das auch selber“ -und verabschiedete mich.
Wir haben Conrad, Brigitte und seine Söhne erst vor einigen Jahren im Kontext der Konziliaren Versammlung 2012 kennengelernt. Über die wenigen wichtigen Dinge im Leben waren wir uns immer schnell einig: Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, immer von denen aus auf die Welt blicken, die am wenigsten haben. Sich von den Mächtigen nicht ins Boxhorn jagen lassen. Wir hätten so gerne noch viele Weihnachtsfeiern mit Churassco, Picanha und Glühwein mit ihm erlebt. Er war der Meister des Fleischschneidens, ein Christ, der auch uns im ITP Stärke gegeben hat: mit seiner unerschütterlichen Überzeugung davon, dass Christen an die Seite der Armen gehören, ohne Prunk und Mitra.
Er wird zuerst Brigitte und den beiden Jungs, auf die er so stolz war, fehlen. Er wird auch uns fehlen und doch immer bei uns bleiben.
Immer noch herrscht in Chile Ausnamhezustand. Der Präsident gibt den reuigen Sünder, will aber nicht zurücktreten. Er setzt darauf, dass die Proteste die Menschen ermüden und sie wieder zurück zur Normalität wollen. Sicher 2000 Menschen sind inzwischen verhaftet, mindestens 18 sind ums Leben gekommen. Die Verwüstung des neoliberalen Kapitalismus ist unsäglich. In dieser Sitautino hat sich Mariano Puga, Arbeiterpriester und moralische Instanz in Chile zu Wort gemeldet. Mariano gehörte schon in den siebziger Jahren zum Umfeld der Christen für den Sozialismus, später war er einer der profiliertesten Kämpfer gegen Menschenrechtsverbrechen, Folter und Diktatur.
Hier sein Wort zu den Auseiandersetzungen, zu den Plünderungen und den Angriffen auf staatliche Einrichtungen wie Metro und Energieunternehmen, Angriffen auf die Konsumtempel wie den Supermärkten:
Die Menschen haben das Recht, alles zu zerstören, weil ihnen alles zerstört wurde. Und wir müssen uns fragen: Welche Art von Liebe und Zuneigung haben wir ihnen gegeben?`Welche Art von Zuhause haben wir ihnen gegeben? Welche Zuneigung haben wir ihnen gegeben?
Mittwoch, den 6. November 2019,
19.30 bis 21 Uhr
in der Kollektivkneipe Leo 16
Herwarthstr.7
48143 Münster
Wer kennt es nicht, die leisen Zweifel, ob man nicht vielleicht doch falsch liegt, mit revolutionärer Begeisterung radikale Gesellschaftsveränderung richtig und wichtig zu finden, ja das ganze Leben danach zu richten. Die Zuversicht und den Glauben, dass das richtige Leben für alle kommen wird, haben ChristInnen und KommunistInnen gemeinsam, aber auch ihre kritischen Anfragen. Im Buch Hiob finden wir genau diese Skepsis in radikal existentieller Weise ausformuliert. Zum Gespräch darüber haben wir Dick Boer aus Amsterdam eingeladen, der als evangelischer Pfarrer und Theologe sich in seinem Buch intensiv mit dem Problem des Scheiterns bei Hiob auseinandergesetzt hat.
Und er wird kritisch befragt von einem Kommunisten, Raimund Ernst aus Münster und der Klimaaktivistin Saskia Liese von Ende Gelände. Moderation Carolin Burmester, Interventionistische Linke
Auch für Nichttheolog*innen geeignete Kost.
Eine Kooperationsveranstaltung von ITP und der Interventionistischen Linken (iL) Münster
Lieber Freund,
mit Trauer und Wut beobachten wir, dass in Chile nach 1973 das Militär wieder auf Menschen in den Strassen schiesst. Präsident Pinera muss sofort den Ausnahmezustand aufheben und zurücktreten. Wir werden die Menschen hier über die antidemokratischen und gewalttätigen Aktionen des Militärs, der Polizei, der Geheimdienste und der Regierung informieren. …
Ausnahmezustand – Ausgangssperre und Soziale Proteste in Chile
In Chile weiten sich die sozialen Proteste aus. Waren es am Anfang lediglich Schülerinnen die gegen die Erhöhung der Metropreise in Santiago protestierten, haben sich die Proteste mittlerweile auf Concepcion, Valparaiso, San Antonio und andere Städte ausgeweitet. Die Erhöhung der Metropreise wurde bereits am Samstag zurück genommen und trotzdem gehen die Proteste weiter. In Santiago werden Supermärkte geplündert und in Brand gesteckt, am Wochenende brannte das Gebäude der italienischen Elektrizitätsfirma ENEL. Für heute hat die nationale Studierendenvertretung zu einer Demonstration aufgerufen und verschiedenste soziale Organisationen fordern einen Generalstreik, die Hafenarbeiter riefen bereits zum Streik auf.
Gemeinsam haben ca. 100 Engagierte aus lokalen kirchlichen Gruppen, Gemeinden, aus der Klimabewegung und diversen Umweltgruppen auf der „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohlerevier vom 18.-20. Oktober in Düren diskutiert und beraten sowie die Orte der Zerstörung durch den Braunkohleabbau besucht. Eröffnet wurde die Klimasynode mit einem Grußwort des Aachener Bischof Dieser, der darin die Wichtigkeit eines konsequenten Einsatzes der Kirche für den Klimaschutz betonte. Bewegende Zeugnisse von Menschen, die im Rheinischen Braunkohlerevier leben, standen im Mittelpunkt einer Prozession durch das Umsiedlungsdorf Manheim und den Hambacher Forst, der auf starkes mediales Interesse stieß.
Zum Abschluss der „Klimasynode von unten“ wurde eine gemeinsame Erklärung der TeilnehmerInnen verabschiedet, die sich an die Amazonassynode wendet, die noch bis zum 27. Oktober in Rom tagt:
„Die ökologische Frage ist eng verknüpft mit der sozialen Frage, ja darüber hinaus mit der Frage, wie wir in unserem „gemeinsamen Haus“ (LS) leben und wirtschaften wollen. Dies gilt für Amazonien, für das Rheinische Braunkohlerevier und die Welt als Ganzes,“ heißt es in der Erklärung. „Menschen, Natur und Kultur dürfen nicht länger der Effizienz-, Verwertungs- und Wachstumslogik geopfert werden. Dieser Logik ist allerdings mit individueller Umkehr allein nicht beizukommen, wir brauchen vielmehr eine gesellschaftliche Umkehr.“
Dr. Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik, das gemeinsam mit dem Katholikenrat Düren, dem Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen und der Inititative Buirer für Buir die „Klimasynode von unten“ durchgeführt hat, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis: „Unsere Klimasynode war für viele Menschen eine bestärkende Erfahrung, sich weiter für umfassende gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Veränderungen einzusetzen, die allein den Klimawandel stoppen können. Sie war ein Begegnungsort von ChristInnen, Engagierten aus Sozialen Bewegungen und Menschen, die sich die Frage stellen, wie sie gemeinsam mit anderen konkret an solchen Veränderungen arbeiten können, lokal und global.“
Die TeilnehmerInnen der „Klimasynode von unten“ brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass ihre Botschaft auf der Amazonassynode in Rom aber darüber hinaus auch in der Kirche in Deutschland gehört und aufgegriffen wird.
Gemeinsame Erklärung der „Klimasynode von unten“
im Rheinischen Braunkohlerevier, 18.-20. Oktober 2019an die Amazonassynode in Rom (06.-27. Oktober 2019)
„[Die Erde] schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat.“ (LS 2)
Diese Worte aus der Einleitung der päpstlichen Enzyklika Laudato Si bewegen auch uns, die Teilnehmer*innen der „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohle-revier, und verbinden uns in der Sorge um das Schicksal der Schöpfung mit den Teilnehmer*innen der Amazonas-synode in Rom.
Immer gravierender zeigen sich die globalen Auswirkungen der Klimakatastrophe. Die Umwelt-zerstörung durch Profitinteressen und der schonungslose Ressourcenverbrauch gefährden den gemeinsamen Lebensraum. Im Amazonasgebiet wird diese Zerstörung besonders deutlich und die Leidtragende ist die Natur mit den am stärksten von Armut betroffenen Menschen:
„Der Klageruf Amazoniens spricht also konkret vom Widerstand gegen jene, die das ganzheitlich verstandene Leben zerstören wollen. Diese orientieren sich an einem von Produktion, Marketing und Konsum bestimmten Wirtschaftsmodell, in dem die Maximierung des Gewinns wichtiger ist als die Grundbedürfnisse von Mensch und Umwelt. Das heißt, der Widerstand richtet sich also gegen jene, die weder die Rechte der Menschen noch der Natur in Amazonien respektieren.“ (Instrumentum Laboris der Bischofssynode – Sonderversammlung für Amazonien, Nr. 51)
Wir dürfen auch nicht ignorieren, dass zunehmend Kriege und Militarisierung die Folge dieser Klimakatastrophe sind, Kriege um Ressourcen, Kriege um Wasser und Mineralien, um unsere imperiale Lebensweise abzusichern.
Was in Amazonien geschieht, erleben wir auch hier im Rheinischen Braunkohlerevier: Dörfer werden abgerissen und ihre Bewohner*innen zur Umsiedlung gezwungen, riesige Waldgebiete gerodet, Kulturgüter und wertvolle Ackerböden vernichtet und durch Grundwasserab-senkungen entstehen massive Folgeschäden.
Aber auch hier gibt es Widerstand gegen solche und andere Formen der Zerstörung der Erde und dieser Widerstand ist nicht lokal begrenzt, sondern international. Das zeigen uns die Proteste der letzten Jahre in vielen Teilen der Welt und gegenwärtig in besonderer Weise die Schüler*innen und Menschen jeden Alters, die unter dem Motto „Fridays for future“ auf die Straße gehen. Immer mehr Menschen sagen „nein“ zur einer Gesellschaft, in der Ausbeutung, Herrschaft und Leid als natürlich, notwendig und damit unveränderbar erscheinen. Ihr Slogan und damit auch der unsere lautet: „System change, not climate change!“
Die Protestierenden in aller Welt haben erkannt, was auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato Si betont: „Eine Strategie für eine wirkliche Veränderung verlangt, die Gesamtheit der Vorgänge zu überdenken, denn es reicht nicht, oberflächliche ökologische Überlegungen einzubeziehen, während man nicht die Logik infrage stellt, die der gegenwärtigen Kultur zugrunde liegt.“ (LS 197) Dies macht überdeutlich: die ökologische Frage ist eng verknüpft mit der sozialen Frage, ja darüber hinaus mit der Frage, wie wir in unserem „gemeinsamen Haus“ (LS) leben und wirtschaften wollen. Dies gilt für Amazonien, für das Rheinische Braunkohlerevier und die Welt als Ganzes.
Menschen, Natur und Kultur dürfen nicht länger der Effizienz-, Verwertungs- und Wachstumslogik geopfert werden. Dieser Logik ist allerdings mit individueller Um-kehr allein nicht beizukommen, wir brauchen vielmehr eine gesellschaftliche Umkehr.
Wir brauchen also eine neue Wirtschaftsweise jenseits des zerstörerischen, unter Wachstumszwang stehenden Kapitalismus, um den Klimawandel zu stoppen. Wir brauchen Menschen, die sich dafür bereits heute in Bewegung setzen, um deutlich zu machen, dass Alternativen notwendig und möglich sind.
Dafür wollen wir für ein neues Verständnis von Ökumene einstehen: die Gemeinschaft all derer, Christ*innen wie Nicht-Christ*innen, die sich dafür einsetzen, dass diese Erde bewohnbar bleibt, die ein gutes Leben für alle erkämpfen wollen. Dafür ist organisierter Widerstand durch Soziale Bewegungen „von unten“ wichtig, im Rheinland, in Europa, weltweit.
Unsere „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohlerevier fordert die Amazonassynode der katholischen Bischöfe auf, in unser klares Bekenntnis einzustimmen:
eine Überwindung der gegenwärtigen globalen Verhältnisse, die dazu führen, dass Kapitalinteressen und Profitlogik über dem Menschen stehen, wie sich dies beispielhaft etwa am Mercosur-Abkommen oder am Projekt „Hidrovia-Amazonica“ zeigt
deutliche Solidarität mit den in der Klimabewegung aktiven Menschen, die das, was unseren Lebensraum auf Dauer zerstört, anklagen, die sich entschieden gegen die vermeintliche Alternativlosigkeit des Immer-weiter-so engagieren und Wege aufzeigen, wie ein gutes Leben für alle aufgebaut werden kann
eine deutliche Stellungnahme gegen die Umsiedlung und Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen durch die Abholzung von Wäldern und die Zerstörung von Lebensräumen
ein neues kirchliches Bewusstsein für die Dringlichkeit ökologischer und sozialer Fragen in allen Gemeinden und Diözesen weltweit im Sinne einer „Spiritualität der globalen Solidarität“ (LS 240).
Düren, Rheinisches Braunkohlerevier am 20. Oktober 2019
Das Institut für Theologie und Politik unterstützt die ökomenische Erklärung „Amazon Faith Solidarity Action“
Als Teil der globalen ökumenischen Gemeinschaft stellen wir, die UnterzeichnerInnen, uns in Solidarität an die Seite der Kirchen und Gemeinschaften im gesamten Amazonasgebiet. Die ökologische Krise der Regenwälder erfordert kontinuierliche Anstrengungen der ökumenischen Partner, um Frieden und Gerechtigkeit auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu erreichen. In diesem Zusammenhang befürworten und unterstützen wir das folgende Manifest der lateinamerikanischen Kirchen:Amazon faith solidarity action weiterlesen →
Der Arbeitskreis Feministische Theologie am Institut für Theologie und Politik lädt herzlich ein zum feministischen Vortrag und Workshop mit Tove Soiland am 22.-23. November in Münster!
Sexuelle Differenz Plädoyer für ein anderes Geschlechterverständnis
Seit vielen Jahren hat der Gender-Begriff das „Subjekt Frau“ der feministischen Bewegung abgelöst. Die „Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit“ gehört zum theoretischen Common Sense – jedenfalls im deutschsprachigen Raum. Doch dieser Ansatz erfährt vermehrt Kritik. Vor dem Hintergrund des Paradigmas der Sexuellen Differenz nimmt Tove Soiland die „Dekonstruktion der Zweigeschlechtlichkeit“ kritisch unter die Lupe und plädiert für ein anderes Geschlechterverständnis, das um die Möglichkeit einer weiblichen Subjektposition kreist.
Workshop: 23.11.2019, 10:00-18:00 Uhr
(Ort: Institut für Theologie und Politik, Friedrich-Ebert-Str. 7) +++ die Teilnahme ist nur mit Anmeldung möglich. Die TeilnehmerInnenzahl ist begrenzt. Anmeldung unter geitzhaus[at]itpol.de +++Feministischer Workshop mit Tove Soiland weiterlesen →
Als ich Jerry, wie er allgemein nur genannt wurde, 1979 im Zusammenhang der Bewegung „Christen für den Sozialismus“ kennenlernte, lebte er in einer „Dominikaner WG“ in Göttingen. Er repräsentierte für uns Neulinge in der Bewegung die andere Kirche, die Kirche von unten, mit klaren Positionen, die darauf hinausliefen, auf ungerechte Strukturen mit allen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen sowohl in der BRD als auch weltweit zu verweisen, sie als Sünde anzuklagen und auf ihre Überwindung hinzuarbeiten. In den 80er Jahren gingen diese Analysen und Ambitionen, diese Kapitalismuskritik mit befreiungstheologischer Reflexion Hand in Hand. Jerry wurde nie müde, in aller Konsequenz an der Option für die Armen als wahrhaftes christliches Zeugnis festzuhalten. Wenn ihm unsere Analysen zu theoretisch erschienen, die materialistische Bibellektüre zu abgehoben, unsere politischen Aktionen zahnlos, weil am Grundübel vorbei geplant, ging er in die Auseinandersetzung und repräsentierte mit seinem konsequenten Lebensentwurf schon damals Glaubwürdigkeit und Authentizität. Was ihn außerdem auszeichnete, war seine radikale „Basisorientierung“. Die neue Gesellschaft und der neue Mensch kann nur in einer ernstgemeinten partizipativen Struktur Wirklichkeit werden. Nachruf auf Jerry Pöter weiterlesen →
Hoffnung praktisch werden lassen, so verstehen wir Christentum