Archiv der Kategorie: Allgemein

Con-Memoratio – Hans Küng zu Ehren

Ein Nachruf von Norbert Arntz

Nach langen Jahren des Schweigens, am Ende eines reichhaltigen und viele andere bereichernden Lebens ist Hans Küng am Osterdienstag gestorben. Gemeinsam wollen wir als ITP ihn hier erwähnen. Das meint „Conmemoratio“; das macht ihn gegenwärtig. Die Erinnerung an jeden Toten ist ambivalent. Sie vermag zwar dankbar vergangene Episoden ins Bewusstsein zurückholen, kann den Toten aber nicht zum Leben erwecken. Die Anwesenheit der Erinnerung macht die Abwesenheit des Erinnerten nur umso schmerzlicher bewusst. Was war, ist gewesen und wird nicht mehr sein können. Daher empfinden wir mit der Dankbarkeit zu gleich Trauer und Melancholie.

Hans Küng bei der Konziliaren Versammlung 2012 in Frankfurt am Main aus Anlass des 50. Jubiläums des Zweiten Vatikanischen Konzils, die das ITP mitveranstaltet hat. Foto: Ralf Heinrichs.

Doch weil das, was ist, nicht alles ist, erinnern wir uns – zusammen mit dem toten Hans Küng – zugleich eines Versprechens, für das er sein Leben verpfändet hat:

Christ sein bedeutet: In der Nachfolge Jesu Christi in der Welt von heute wahrhaft menschlich leben, handeln, leiden und sterben – in Glück und Unglück, Leben und Tod gehalten von Gott und hilfreich den Menschen. Con-Memoratio – Hans Küng zu Ehren weiterlesen

Karfreitag am Abgrund

Predigt von Cornelia Senne, ev. Theologin, im Gottesdienst von „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ in Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier

Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mt 27,46)

So klagte Jesus am Kreuz. Er war gefangen genommen, brutal gefoltert und gedemütigt worden. Er wurde ans Kreuz geschlagen, er hatte den sicheren Tod vor Augen. Kein „gnädiger“ Tod, sondern langsam, voller Schmerz und Leid.

Die christliche Tradition verehrt Jesus als Sohn Gottes, der um sein Schicksal wusste – und es freiwillig annahm. Aber selbst er fühlte sich in diesem Moment der größten Qual von Gott verlassen – einsam und hilflos. 

Um wieviel mehr müssen wir Menschen uns von Gott verlassen fühlen, wenn wir angesichts einer Bedrohung verzweifeln – so wie wir es eingangs im Ps 22 hörten. Ein Mensch sieht sich umringt von Menschen, die ihm Böses wollen – und er hat nicht die Macht, dies zu ändern, es zu verhindern.

Heute, an Karfreitag, stehen wir wieder in Lützerath. Ein großer Teil des Dorfes steht nicht mehr, wurde zerstört und in eine Ödnis verwandelt – ebenso wie die angrenzende Landschaft bis hin zur Grubenkante. Dahinter gibt es nur noch das gewaltige Loch. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit standen hier noch Häuser, die große Walnuss und andere Bäume und Pflanzen. Die Bagger von RWE haben aus einem lebendigen Ort und aus fruchtbarer Erde ein gottverlassenes Grauen gemacht – wer Tolkin kennt, denkt direkt an Mordor, das lebensfeindlichen Dunkelland, in dem allein das Böse regiert. Karfreitag am Abgrund weiterlesen

Fastenimpuls VI

Unsere Fastenimpulse drehen sich um das Thema Körper und Auferstehung. Für die Karwoche stellt Julia Lis ausgehend von Walter Benjamin die Frage nach der Möglichkeit von Auferstehung aus der Wiederkehr des immer Gleichen im Kapitalismus.

Er ist abrufbar unter: Sechster Fastenimpuls_Julia Lis

Fastenimpuls IV

Körper und Auferstehung

Befreiungstheologische Impulse für die Fastenzeit zur Vorbereitung auf Ostern 2021

In der Fastenzeit veröffentlicht das Institut für Theologie und Politik (ITP) jede Woche einen befreiungstheologischen Impuls auf der Homepage. Darin geht es mit Blick auf Ostern um das Thema Auferstehung und Körper.

In dieser Woche stellt Jan Henrik Röttgers die Frage nach der Möglichkeit der Auferstehung in der Coronakrise. Download hier: Zweiter Impuls_Fastenzeit_Jan Henrik Röttgers

#4 Auferstehung in Corona-Zeiten

Impuls von Jan Henrik Röttgers, Theologe, Kaplan in Wesel und organisiert im Arbeitskreis Pastoral am ITP

Wenn wir in der Fastenzeit den Blick auf Ostern richten, dann geht es um Auferstehung, und zwar um leibliche Auferstehung und damit verbunden um das Leben. Grade darum ist es hilfreich, in dieser Krise, in der es vielfach um Leben und Tod geht, sich vom Blick auf den Aufstand für das Leben, den Jesus gewagt hat, leiten zu lassen und daraus Punkte für die Analyse der Corona-Krise und für deren Bewältigung zu suchen. Fastenimpuls IV weiterlesen

Wer muss eigentlich abschwören? – Dimitris Koufontinas, der Staat und die Gnadenlosigkeit

Dr. Michael Ramminger

Seit über fünfzig Tagen befindet sich der 63jährige Dimitris Koufontinas in einem Hungerstreik zur Verbesserung seiner Haftbedingungen. Gegen seinen seinen Willen haben ihn die Ärzte nach einem multiplen Organversagen am 5. März am Leben gehalten.

Wer ist Dimitris Koufontinas?

Dimitris Koufontinas war Mitglied der Bewegung 17. November, die im Zusammenhang der griechischen Militärdiktatur 1975 gegründet wurde. Sie soll u.a. den CIA-Chef für Südosteuropa ermordet und mehrere Anschläge gegen US-Vertreter und griechische Politiker und Journalisten verübt haben. Im Jahr 2002 hatte sich Dimitri Koufontinas der griechischen Justiz gestellt und politische Verantwortung für die Handlungen der Gruppe übernommen. So, wie viele andere politische Gefangene aber hat er immer Aussagen, die MitgenossInnen belastet hätten, verweigert und auch seiner politischen Einstellung nie abgeschworen. Wer muss eigentlich abschwören? – Dimitris Koufontinas, der Staat und die Gnadenlosigkeit weiterlesen

Fastenimpuls III

Fastenzeit 3

In diesem dritten Impuls zur Fastenzeit macht Kuno Füssel anhand der Methode der materialistischen Bibellektüre eine Auslegung von Mk 9,1-10: Die Gegenwart der Zukunft des Menschensohnes Jesus-Messias.
Der Text kann  hier  heruntergeladen werden.

Die Gegenwart der Zukunft des Menschensohnes Jesus-Messias

A) Wenn man die strukturalistische Methode der Textbearbeitung anwendet, wie wir sie seit über 40 Jahren bei CfS, Betriebsseelsorge, KAB und mit vielen anderen Gruppierungen praktizieren, dann lässt sich ein erstaunliches Ergebnis ermitteln:

Der Text Mk 9,1-9 ist genau die Mitte des Markusevangeliums, wenn wir uns an den Weg Jesu und seiner Jüngerschaft, der ausgeht von Galiläa (Mk 1,16) und gemäß der Botschaft des Engels (Mk 16,8) wieder nach Galiläa zurückführt, als das entscheidende Strukturmerkmal halten. Der Berg der Verwandlung liegt genau in der Mitte. Dabei nehmen wir den Vers 1, im Unterschied zum Lektionar, mit dazu, zählen aber Vers 10 als einen an die Szene anknüpfenden und ihre fundamentale Aussage kommentierenden Vers des Erzählers zum nachfolgenden Gespräch mit Jesus über Elija. Die Aussagen von Vers 1: “Die ihr hier steht, ihr werdet den Tod nicht schmecken..“ und von Vers 9b: „Wenn der Menschensohn von den Toten auferstanden ist…“ bilden dabei die thematische Rahmung der Szene auf dem Berg der Verwandlung, nicht Verklärung, denn im Text steht die Vokabel „Metamorphose“ Relativ hilflos wirkt der Hinweis im „Stuttgarter NT“ (S.89), dass Markus hier ein Trostwort für die über die vorangegangene Leidensankündigung ( vgl. 8.31-33) schockierten Jünger eingefügt habe. Wahrscheinlich wird Vers 1 deshalb auch beim Sonntagsevangelium weggelassen. Das hier Gesagte kann man aber alles nur erkennen, wenn man den Text nicht isoliert als Perikope, also herausgeschnitten aus dem Textganzen, vorliest, wie das im Gottesdienst geschieht, sondern als Teil des Ganzen sieht und behandelt.  Fastenimpuls III weiterlesen

Fastenimpuls II

Die Aussatz-Thora und die Heilung eines Aussätzigen bei Markus

 

In beiden Texten geht es um das Phänomen des Aussatzes, der in der Antike und damit auch in Israel zu den gefürchteten und seuchenartig sich ausbreitenden Krankheiten gehörte. Beim näheren Durchsehen der biblischen und auch der außerbiblischen Texte wird sichtbar, dass „Aussatz“ ein Sammelbegriff ist, mit dem, medizinisch eher unscharf, ein ganzes Spektrum von Hautkrankheiten bezeichnet wird, die von der Lepra bis zu verschiedenen Formen von Hautausschlag und der Schuppenflechte reichen. Fastenimpuls II weiterlesen

Fastenimpuls I

In der Fastenzeit veröffentlicht das Institut für Theologie und Politik hier jede Woche einen befreiungstheologischen Impuls.

In diesem ersten Impuls geht es mit Blick auf Ostern um das Thema Auferstehung und Körper. Bei unserem ersten Vorschlag handelt es sich um eine Re-Lektüre von Mk 16,1-8: „Wir leben den Moment einer Zeit ohne Körper. Ohne Körperkontakt. Wonach sehnen wir uns? Als Menschen sind wir auf die Andere/den Anderen verwiesen.
Sie machen erst unser Menschsein aus. Schauen wir zurück und vergewissern wir uns unserer Wurzeln in der Heiligen Schrift.

Hier zum Download klicken

 

Online-Seminar des AK ReligionslehrerInnen am ITP zu „Klimakrise, Flucht, Corona, Hunger… und die Technik soll es lösen“ am 27. Februar um 11-13 Uhr

Zunehmend werden uns im digitalen Kapitalismus die Probleme der Welt und unseres Lebens technologisch präsentiert und entsprechend als technisch zu lösen. Man nehme die richtigen Algorithmen, den passenden Impfstoff, das E-Auto usw. Solutionismus als umfassende Problemlösung! Die mangelnde Konnektivität, d.h. Vernetzungsfähigkeit der Menschen qua Internet, wird als zentrales Hindernis gesehen, das es zu überwinden gilt. Die Vernetzung des gesamten Lebens und der Welt ist daher in dieser Betrachtung ein wichtiges Ziel und am Horizont erscheint der Transhumanismus als neue Religion. Technik und Mensch werden in diesem Denken miteinander verschmolzen und Bildung soll ihren Beitrag zur Produktion dieses neuen Subjektes leisten. Wo bleibt der Mensch? 100 Jahre nach Walter Benjamins Text „Kapitalismus als Religion“ ist diese Religion vielleicht digital geworden. In unserem Online-Seminar am Samstag 27.02.21 von 11-13 Uhr wollen wir uns mit dieser Problematik auseinandersetzen. Anmeldungen bitte bis zum 24.02.21 an r.koschick[ät]gmx.de; der Link wird dann zugesandt.

Online-Podiumsdiskussion: „Corona und Kirche – Prophetische Praxis in der Krise“ am 23. Februar um 19-21 Uhr

Als im März 2020 im Zuge der Corona-Pandemie das gesellschaftliche und öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand kam, stellte sich für die gesellschaftlichen AkteurInnen plötzlich die Frage der Relevanz des eigenen Tuns mit neuer Dramatik. Die Bilanz, was Kirchen, Glaube und Religion angeht, fiel dabei mehr als ernüchternd aus: Kaum jemand sprach ihnen eine besondere Bedeutung zu, kaum jemand schien sie zu vermissen, als sich die Kirchen in den digitalen Raum verabschiedeten. Online-Podiumsdiskussion: „Corona und Kirche – Prophetische Praxis in der Krise“ am 23. Februar um 19-21 Uhr weiterlesen