Franz Hinkelammert, Ökonom und Theologe, geb. 1931 im westfälischen Emsdetten nahe Münster, ist im Alter von 92 Jahren in San José Costa Rica gestorben. Wir empfinden tiefe Trauer angesichts dieses letzten Adiós, zugleich aber eine immense Dankbarkeit für diesen schöpferischen Denker und Freund, der das Institut für Theologie und Politik von Beginn an begleitete. Wir danken ihm dafür, dass er die Anstrengung unseres eigenen Denkens durch seine Kreativität beflügelt und den Widerstand gegen die Diktatur der Alternativlosigkeit durch die Suche nach Alternativen hartnäckiger gemacht hat.
Es ist offensichtlich, dass angesichts der globalen Krise, die das Leben selbst bedroht, eine „große Transformation“ der Gesellschaft und ihrer Institutionen erforderlich ist. Franz Hinkelammert hat weniger daran gearbeitet, konkrete Alternativen zu entwickeln (die zweifellos sehr notwendig sind), als vielmehr daran, die für eine solche Transformation notwendigen Bedingungen aufzuzeigen, Bedingungen, die das ganze menschliche Leben –individuell und gesellschaftlich, materiell und spirituell zugleich – sichern müssen, also auch das Leben der Natur. Alle Werke von Franz Hinkelammert durchzieht die Ethik des Zusammenlebens und die Spiritualität der Befreiung. Seine Arbeit war geleitet von der Überzeugung, dass „der Mensch das höchste Wesen für den Menschen ist“ (Karl Marx) und dass jeder Gott, für den der Mensch nicht das höchste Wesen für den Menschen ist, als Götze entlarvt werden muss.
Vier Leitlinien seines Denkens und Arbeitens werden uns über seinen Tod hinaus inspirieren:
• die Kritik lebensfeindlicher Rationalitäten: der instrumentellen Rationalität und des utilitaristischen Kalküls im Eigeninteresse.
• die Kritik des Markt-Denkens, das beansprucht die Wirtschaft ausschließlich am Markt zu orientieren und die Gesellschaft als „Marktgesellschaft“ zu organisieren, mit der entsprechenden Legitimierung und Sakralisierung;
• die Analyse der Moderne, ihrer Herrschafts-Mythen und ihrer Spiritualität der Macht.
• die Suche nach den Bedingungen der Möglichkeit, dass eine andere Welt möglich wird – der Überlegenheit der herrschenden Mächte, ihrer Institutionen, ihrer Strukturen und ihrer Mythen zum Trotz.
Das Studium des Werks, das Franz Hinkelammert uns als Erbe hinterlässt, wird uns dazu ermutigen, kreativ und antitotalitär zu denken, jegliche imperiale Logik aufzuspüren und als rebellisches Subjekt in Gemeinschaft zu wirken.
In einem Wort: Wir werden – wie er – Theologie treiben, um die Würde des Lebens zu schützen und die Götzen des Todes zu entlarven.
Norbert Arntz für und mit dem ganzen ITP-Team