Zum 35. Jahrestag der Ermordung des salvadorianischen Erzbischofs Oscar Romero rufen kirchliche Reformgruppen dazu auf, das Gedächtnis an diesen „Bischof der Armen“ wachzuhalten und an die prophetische Tradition, in der er stand, anzuknüpfen. Ausdrücklich begrüßen wir die bevorstehende Seligsprechung und bestärken Papst Franziskus darin, weiterhin auf eine Kirche zu drängen, die an der Seite der Armen gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit kämpft.
Oscar Romero wurde am 24. März 1980 während einer Messe am Altar erschossen. Seine Person und sein Wirken lassen sich mit zwei Schlagworten charakterisieren: Umkehr und Parteilichkeit. Wir sehen darin wichtige Anstöße für die Praxis der Kirche von heute, wie sie auch Papst Franziskus vorantreibt.
Romero wurde umgebracht, weil er zur Umkehr im Bürgerkrieg El Salvadors aufforderte. In seiner letzten Predigt am 23.03.1980 formulierte er eindringlich: „Wir fordern die Regierung auf, die Nutzlosigkeit von Reformen anzuerkennen, die aus dem Blut des Volkes entstehen. (…) Im Namen Gottes: Hört auf mit der Repression!“ Romero benannte das Unrecht, das er sah, in aller Deutlichkeit und rief zur Umkehr auf. Papst Franziskus aktualisiert dieses Anliegen, etwa wenn er sprachliche Verschleierungen und Beschönigungen anprangert, wie zum Beispiel den Begriff „Menschen auf der Straße“: „Sucht stets hinter jedem Euphemismus das Verbrechen, das sich dahinter verbirgt“ (Papst Franziskus vor den sozialen Bewegungen am 28.10.2014).
Die Parteilichkeit Romeros für die Armen und Unterdrückten seines Volkes drückt sich in einem seiner berühmtesten Zitate aus: „Gloria Dei, vivens pauper – Die Ehre Gottes ist, dass der Arme lebe.“ Auch diesen Gedanken greift Papst Franziskus auf, wenn er sagt: „Ja, im Zentrum jedes gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Systems muss der Mensch stehen, Gottes Ebenbild (…). Wenn der Mensch an die Seite gerückt und die Gottheit Geld an seine Stelle gesetzt wird, geschieht diese Umwertung aller Werte“ (Franziskus vor den sozialen Bewegungen, 28.10.2014).
Romero und Papst Franziskus stehen mit diesen Gedanken in einer langen Tradition. Umkehr und Parteilichkeit waren auch zwei Grundbegriffe des sog. Katakombenpakts, den 40 Bischöfe 1965 gegen Ende des II. Vatikanischen Konzil unterzeichnet haben. Darin verpflichteten sie sich auf eine „dienende und arme Kirche“, die sich an die Seite der Armen stellt und sich für eine andere, gerechte Welt einsetzt. Zum 50. Jahrestag des Katakombenpaktes lädt die Projektgruppe Pro Konzil, ein Bündnis aus reformorientierten Basisgruppen, zum Abschluss des „Konziliaren Prozesses“ zu einer internationalen Versammlung ein, die vom 11.-17. November 2015 in Rom stattfinden wird.
50 Jahre nach dem Konzil und 35 Jahre nach der Ermordung Romeros hat das Anliegen einer Kirche an der Seite der Armen und Unterdrückten nichts an Aktualität und Relevanz verloren.
Wir rufen die Kirche auf, diese prophetische Linie einer „Kirche der Armen“ auf allen Ebenen wachzuhalten und mit Blick auf gegenwärtige Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft zu aktualisieren. Mehr denn je ist eine Kirche notwendig, die gegen globale Ungerechtigkeiten aufsteht und sich mit vollem Einsatz an die Seite derer stellt, die unter unserem Wirtschaftssystem, unter der globalen (Un-)Ordnung und unter Ausbeutung und Gewalt leiden.
Kontakt und näheres zu Versammlung: info[et]pro-konzil.de