Griechenland: Infomobil und Wohnungen als Willkommensinseln – dringend finanzielle Unterstützung gesucht!

Befreundete AktivistInnen engagieren sich im Moment für Flüchtlinge in Griechenland – mit einem Infomobil und dem längerfristigen Projekt zweier Wohnungen in Athen – wir bitten um Unterstützung und Weiterleitung!!

Hier die Informationen der Infomobil-Crew:

Das Papierschiff, Chartino Karavi ist kein fester Infopoint für Flüchtlinge geworden, wie als Folge des Infopoints während des Nobordercamps auf Lesbos 2009 zunächst geplant. Die Fluchtrouten haben sich verändert und die Inseln spielen als Orte der Ankunft kaum eine Rolle mehr. Die meisten Flüchtlinge gehen nun über die Evros-Region im Norden Griechenlands. Und so haben wir schließlich einen Bus gekauft, der nun seit einem Jahr durch Griechenland fährt, als Infomobil. Zwischenzeitlich war ja schonmal der Jahresbericht zum Infomobil über verschiedene Mailinglisten gegangen. (–> http://infomobile.w2eu.net/files/2011/03/Infomobil-Bericht-2010.pdf)

Wir haben in diesem Jahr unglaublich viele Situation erlebt und es fällt uns manchmal schwer, das wichtigste prägnant zusammenzufassen. Es sind so viele Begegnungen gewesen mit so vielen Menschen.

Wir haben in Athen diejenigen getroffen, die aus anderen EU-Ländern nach Griechenland abgeschoben wurden. Es waren sehr viele noch im August letzten Jahres – und es war unglaublich zu erleben mit welchem Mut der Verzweiflung sie immer wieder losgingen – und damit letztlich einen Abschiebestopp nach Griechenland erzwangen. (–> http://w2eu.net/files/2010/08/dublin2.deportation.diary-w2eu.net_.pdf)

Wir haben Überlebende von Bootsunglücken getroffen und Menschen die ihre Anghörigen auf der Flucht vermissen. Die erste Reise des Busses war nicht zufällig von der Suche nach dem vermissten Mann einer afghanischen Frau mit kleinen Kindern geprägt, die selbst Hamburg erreicht hatte. Seine Leiche ist bis zum heutigen Tag nicht aufgetaucht. Aber auf der Suche stolperte das Infomobil über ein Massengrab in Soufli im Norden Griechenlands. Am 30.August 2011 fand im Anschluss an das Nobordercamp in Bulgarien eine Gedenkveranstaltung in der Evros-Region statt.
(–> http://w2eu.net/2011/09/01/giving-back-names-and-dignity-to-lost-migrants/)

Wir haben schwer traumatisierte Menschen getroffen. Viele die irgendwann zerbrochen sind und in Griechenland hängen bleiben werden mit leeren Blicken in den Strassen Athens.Wir haben mit Eltern gesprochen, die ihre Kinder aus der Mülltonne ernähren. Wir haben vergewaltigte Kinder in den
Parks von Athen gefunden. Das Elend ist manchmal unbeschreiblich und manchmal haben uns die Worte gefehlt und wir haben keinen Bericht darüber schreiben können.

Wir haben Menschen im Transit getroffen, auf dem Weg. Das ist eine besondere Situation. Die Träume von einem anderen Leben, einer besseren Zukunft sind in diesem Moment bei vielen ganz nah an der Oberfläche. Die Menschen strahlen deshalb oftmals eine unglaubliche Kraft aus. Sie überleben dann Katastrophen und gehen weiter. Sie sind auf dem Weg. Wir gehen eine Stück nebenher. Mit vielen sind wir in Kontakt geblieben nachdem sie Griechenland verlassen haben, die Kontakte erstrecken sich inzwischen über ganz Europa.(–> http://traces.w2eu.net/)

Wir haben tolle Leute getroffen, die an den grässlichsten Orten nicht wegschauen und tolle Unterstützungsarbeit machen – auch wenn es manchmal wie ein Tropfen auf den heißen Stein wirkt. Sie wachsen oftmals über sich hinaus, manche für ein Stück des Weges und manche für lange Zeit.

In den letzten Monaten war Igoumenitsa einer der Orte, den das Infomobil häufiger besuchte. Sowohl für dort, als auch für alle weiteren Reisen des Infomobils suchen wir gerade ganz dringend finanzielle Unterstützung.

Igoumentisa (Komunisia, wie die Flüchtlinge sagen) ist der zweitgrößte griechischen Fährhäfen in Richtung Italien. Dort sammeln sich immer wieder vor allem diejenigen, die keine andere Chance (mehr) haben aus Griechenland weiterzufliehen. Es sind diejenigen, deren finanziellen Mittel völlig erschöpft sind – manchmal nach mehrfacher Dublin-Abschiebung aus diversen europäischen Ländern. Die Lebensbedingungen sind dramatisch, die Flüchtlinge übernachten in Jungles im Wald. Sie durchsuchen die Mülltonnen nach Essen. Sie sind hier für „Schengen-Dangle“, so nennen sie es, wenn sie versuchen, sich unter die LKWs zu klemmen, die auf die Fähre Richtung Italien fahren.
Dabei kommt es immer wieder sowohl zu massiven Verletzung wegen Unfällen, als auch zu Polizeiübergriffen oder zu Übergriffen durch LKW-Fahrer. Viele der Verletzungen werden nicht versorgt, Wunden entzünden sich weil die hygienischen Bedingungen katastrophal sind. Es mangelte außerdem an Kleidung, festen Schuhen, Zelten, Decken, Essen, …

In den vergangenen Monaten spitzte sich die Situation immer weiter zu. Es lebten ca. 700 Flüchtlinge in den Bergen rund um den Fährhafen. Es kam zu einer Art Bürger-Aufstand gegen die Flüchtlinge und organisierte Faschisten griffen den Berg an auf dem sich das informelle Settlement befand. Und dann kam eine große Razzia, die Hütten wurden zerstört, die letzten Habseligkeiten auf den Müll geworfen und hunderte von Flüchtlingen festgenommen. Nun gibt es auch keinen Zugang zu Wasser mehr und wer im Müll nach Essen sucht wird sofort festgenommen. Einige Wochen nach dieser Razzia ist Igoumenitsa für den Moment gespenstischer Weise fast „flüchtlingsfrei“.

– Für die ersten Wochen nach der Razzia gab es eine Notversorgung der verbliebenen Flüchtlinge auf dem Berg um der Strategie des Aushungerns zu begegnen. Dafür wurden über mehrere Wochen viele hunderte Euro ausgegeben.

– Die (wenigen) registrierten Asylsuchenden wurden von der Stadt vorübergehend in einem Hotel notuntergebracht. Ihr könnt euch vorstellen, dass diese Menschen, die vom Müll lebten null Kohle mehr haben. Die meisten von ihnen hatten Ideen, wo sie hinwollen zum Arbeiten oder um es weiter zu versuchen. In Igoumenitsa gibts gerade keine Lösung für sie. Ein Teil der Tickets wurde finanziert, wir haben jedoch bei Leuten, die einen Plan hatten, wo sie Arbeit finden können für Anschlusstickets draufgelegt.

– In einem Fall musste eine besondere Notlösung gefunden werden, für einen Mann der schwersttraumatisiert ist aufgrund von Folter im Sudan und dringend psychologische Betreuung brauchte. Die kann er nur in Athen bekommen. Es gab keine Chance ihn in einem Camp unterzubringen – bei unter 1000 Unterkunftsplätzen bei fast 50.000 anhängige Asylverfahren nicht weiter verwunderlich. Da uns diese Notfälle immer wieder begegnen, wurde am 1.8.2011 eine Wohnung angemietet, die auch später weiter zur Verfügung stehen soll. Für’s erste leben drei sudanesische Flüchtlinge in der Wohnung. Denn vor allem in besonders dramatischen Fällen ist es uns oft unerträglich, die Menschen auf der Strasse zurückzulassen. Diese Wohnung soll durch Daueraufträge solidarischer Menschen finanziert werden. Zum Wohnungskonzept siehe auch: http://wohnschiffprojekt.blogsport.eu/

Das Infomobil ist ein unabhängiges Projekt und soll es auch bleiben. Abgesehen von einer Anschubspritze von Stiftung Do ist es ausschließlich von Spenden finanziert. Das ist gut so und soll auch so bleiben. Wir brauchen dafür aber unbedingt Unterstützung. Falls Ihr etwas übrig habt oder Leute kennt, die Ihr fragen könntet gäbe es zwei Möglichkeiten der Unterstützung:

1) Zum einen ist jede Einzelspende willkommen, die helfen kann, die laufenden Ausgaben zu decken. Ob Soliparty, Einzelspende und egal wie groß oder klein der Betrag.
Stichwort: Chartino karavi

2) Zur Finanzierung der Wohnung(en) (wir würden gerne noch eine zweite Wohnung anmieten, um Frauen und Männer zeitgleich unterbringen zu können) bräuchten wir pro Wohnung 40 Daueraufträge à 10 Euro. Stichwort: Willkommensinsel

Wohnschiffprojekt Altona E.V.
Stichwort: „Chartino karavi“ oder „Willkommensinsel“
HASPA (Hamburger Sparkasse)
BLZ 200 505 50
Kt.-Nr.: 1257 122 737

IBAN: DE06 2005 0550 1257 1227 37
BIC: HASPDEHHXXX

Egal ob Einzelspende oder Dauerauftrag: Spendenquittungen sind möglich. Falls Ihr sie braucht, dann mailt bitte die Adresse, an die die Quittung gehen soll an: welcome2eu.island@gmail.com

Falls Ihr englisch lesen könnt und euch einen genaueren Eindruck machen wollt, schaut auf den Blog des Infomobils. Wir bemühen uns dort immer wieder aktuelle Infos zur Flüchtlinssituation in Griechenland zu posten: http://infomobile.w2eu.net/

Ihr dürft diese Mail gerne weiterleiten!

Herzliche Grüße,
die Infomobil-Crew