Vielleicht fällt es niemandem auf, vielleicht traut sich auch niemand, zu protestieren, weil es sich um einen geständigen Mörder handelt. Zumal noch um einen Flüchtling: wer will sich schon nach dem ganzen Rechtsruck in der Republik, der ganzen Normalisierung der AFD durch Presse, „öffentliche Meinung“ und ähnliches für Menschenrechte an einem „frauenmordenden Araber“ einsetzen?
Wir haben es immer noch nicht begriffen: jede Rechtsverschärfung, die mit vermeintlicher Unsicherheit oder behaupteter zunehmender Gewalttätigkeit in der Gesellschaft begründet wird, richtet sich irgendwann gegen uns alle. Wovon ich rede: Davon, dass ein Krimineller wie ein Guantanamohäftling von maskierten Spezialsicherheitseinsatzkräften in Kampfanzügen eskortiert aus dem Flugzeug in U-Haft verbracht wird. Oder sind es gar keine Spezialeinsatzkräfte, sondern inzwischen ganz normale Polizisten?
Warum muss ein möglicherweise noch dem Jugendrecht unterstehender geständiger Mörder mit Ganzkörperanzug, Fuß- und Bauchfesseln, von der Umwelt durch Kopfhörer und vielleicht sogar mit dunkler Brille isoliert, nach der Befragung durch Staatsanwaltschaft wieder in U-Haft gebracht werden?
Diesmal wieder eskortiert von Spezialeinsatzkräften, diesmal doppelt soviele, zum Teil behelmt.
Wer angesichts dieser Bilder immer noch nicht begreifen will, wie prekär die Überzeugung von der Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit einer freiheitlichen Gesellschaft bei uns ist, dem ist nicht mehr zu helfen. Wer die Bilder dieses Polizeieinsatzes auf den konkreten Mordfall an Susanna X. bezieht und in diesem Rahmen interpretiert, hat selber schon aufgehört, über Freiheit und Demokratie nachzudenken.
Wer solche Polizeieinsätze, solche Polizeiausrüstungen, solche Militarisierung der Polizei, diese Aufstandsbekämpfungsrobocops ale die einzig denkbare und natürliche Form von Polizeipräsenz hält, hat ein Problem mit seiner Einstellung zur Gewalt: der ist selbst längst potentieller Gewalttäter.
Wer das neue Polizeigesetz in NRW oder das Polizeiaufgabengesetz in Bayern und deren Möglichkeiten der Inhaftierung von möglichen Gefährdern ohne konkrete Beweise oder die Übertragung von Geheimdienstaufgaben an die Polizei für eine normale und notwendige Entwicklung in unserer Gesellschaft angesichts „zunehmender Unsicherheit und Gewalt“ für notwendig hält, soll sich nicht wundern, „wenn er der letzte ist, der abgeholt wird“. Wer nicht gegen das Polizeiaufgabengesetz ist, hat ein Problem mit der Demokratie. Wer gegen das Polizeigesetz ist, hat was von Demokratie begriffen.