Pressemitteilung des Instituts für Theologie und Politik (ITP) vom 20.12.2017
Kirchenasyl notwendiger denn je
Das Institut für Theologie und Politik aus Münster ermutigt Kirchengemeinden zu Weihnachten zu einer entschiedenen Kirchenasylpraxis. In einer Stellungnahme vom 20.12.2017 hat das Münsteraner Institut für Theologie und Politik (ITP) angesichts der aktuellen Asylpolitik Kirchengemeinden vor Weihnachten ermutigt, an der Praxis des Kirchenasyls festzuhalten. Hintergrund hierfür ist, dass das Bundesinnenministerium (BMI) und die Innenminister der CDU regierten Länder in den vergangenen Wochen das Kirchenasyl aufgrund der steigenden Zahlen kritisiert hatten. Günther Krings (CDU), Staatssekretär am BMI hatte den Kirchen vorgeworfen, den Schutz vor staatlichem Zugriff zu missbrauchen. Aus diesem Grund sieht die Innenministerkonferenz Gesprächsbedarf und will wie 2015 mit den Kirchen über die Fortsetzung dieser Praxis sprechen. „Wir halten es für unabdingbar, dass die Kirchen bei diesen Gesprächen den staatlichen Behörden offensiv entgegentreten“, so Benedikt Kern, Mitarbeiter im Institut für Theologie und Politik und im Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.
Die Stellungnahme des Instituts für Theologie und Politik sieht in der Kirchenasylpraxis einen wesentlichen Bestandteil christlichen Handelns gegeben: „Denn aus der prophetischen Tradition heraus sind ChristInnen darauf verpflichtet, parteilich solidarisch für diejenigen einzutreten, deren Grundrechte beschnitten, deren Autonomie missachtet und deren Leben durch inhumane Härten gefährdet wird,“ heißt es dort unter anderem. Dieser Tradition verpflichtet sind in den letzten Jahren Tausende Kirchenasyle eingerichtet worden, um Menschen zu schützen. Wir bitten um Kenntnisnahme und Veröffentlichung der unten stehenden Stellungnahme in Ihrer Berichterstattung. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die Pressemitteilung der BAG Asyl in der
Kirche vom 11.12.2017:
Die prophetische Solidarität des Kirchenasyls ist notwendiger
denn je!
Der Druck auf das Kirchenasyl zeigt, dass es von hoher politischer Relevanz ist und auf die bestehende systematische Entrechtung im Asylsystem verweist.
Die hohe Zahl von über 12.000 Abschiebungen im ersten Halbjahr 2017 zeigt, dass die deutsche Asylpolitik immer stärker zum Mittel der Abschiebung greift. Das entspricht einer Asylpolitik, die sich wieder verschärft auf Flüchtlingsabwehr fokussiert. Das Kirchenasyl als eine entschiedene Praxis zum Schutz vulnerabler Personen vor inhumanen Härten wird daher immer wichtiger. Dies führt dazu, dass die Kirchen gezwungen sind, in immer mehr Fällen Kirchenasyl zu gewähren, um ihre Solidarität mit den von Abschiebung betroffenen Menschen zu verdeutlichen und zugleich eine prophetische Kritik am bestehenden Asylregime sichtbar zu machen.
Gerade die steigende Zahl von Kirchenasylen macht hierbei auf die strukturellen Ursachen von systematischer Entrechtung durch die Asylrechtsverschärfungen der letzten zwei Jahre aufmerksam. Beispielhaft dafür ist, dass viele Abschiebehindernisse weggefallen sind und immer mehr Länder zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt wurden. Das verweist auf die Absurdität des Dublin-Systems und deckt den politischen Willen auf, Abschiebungen um jeden Preis beschleunigt durchzusetzen.
Das BAMF spricht für den Zeitraum von Januar bis September dieses Jahres von 1.127 gemeldeten Kirchenasylen, was einen Höchststand darstellt. Trotzdem ist das in Relation zu den vollzogenen Abschiebungen nur eine geringe Zahl, wie die BAG Asyl in der Kirche am 11.12.17 betonte. Dennoch verstehen die Verantwortlichen für die in die derzeitigen Asylgesetze gegossene zunehmende Entrechtung von Geflüchteten das Kirchenasyl als eine ernst zu nehmende politische Gegenwehr, wie die Kritik am Kirchenasyl durch das Bundesinnenministerium (BMI) und die Innenminister der CDU regierten Länder zeigt.
Die Kirchen müssen sich in einer solchen Situation aufgefordert fühlen, trotzdem stärker denn je an der Kirchenasylpraxis festzuhalten. Denn aus der prophetischen Tradition heraus sind ChristInnen darauf verpflichtet, parteilich solidarisch für diejenigen einzutreten, deren Grundrechte beschnitten, deren Autonomie missachtet und deren Leben durch inhumane Härten gefährdet wird. Dieser Tradition verpflichtet sind in den letzten Jahren Tausende Kirchenasyle eingerichtet worden.
Die starken sozialen Unterschiede und die damit verbundenen Auswirkungen für Geflüchtete in den europäischen Staaten führen dazu, dass Dublin-Abschiebungen oftmals Menschen in Arbeits-, Wohnungs- und Perspektivlosigkeit in den europäischen Grenzstaaten schicken. Auch zunehmende Kettenabschiebungen über skandinavische Länder nach Afghanistan, Irak oder Somalia stellen eine besondere Gefährdung dar.
Darauf antworten mutige Kirchengemeinden und Ordensgemeinschaften mit der Einrichtung eines solidarischen Schutzraumes. Hierzu werden sie von den herrschenden Bedingungen gedrängt. Denn es gilt, was die Erklärung der bundesweiten Kirchenasylkonferenz am 01.07.17 festhielt: „Unser Hauptziel bleibt, die Ursachen von Kirchenasyl zu beseitigen“ (vgl. hierzu http://www.kirchenasyl.de/portfolio/pm-am-liebsten-waere-es-uns-kein-kirchenasyl-gewaehren-zu-muessen/).
Deswegen ermutigen wir Kirchengemeinden an dieser Praxis des zivilen Ungehorsams zum Schutz der Menschenrechte selbstbewusst festzuhalten und sich dies von keinem Innenminister verbieten zu lassen – denn die Verhältnisse fordern uns ChristInnen dazu heraus.
Um Veröffentlichung dieser Pressemitteilung und Stellungnahme wird gebeten. Bei Presseanfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung unter:
Institut für Theologie und Politik (ITP)
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