Gemeinsam haben ca. 100 Engagierte aus lokalen kirchlichen Gruppen, Gemeinden, aus der Klimabewegung und diversen Umweltgruppen auf der „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohlerevier vom 18.-20. Oktober in Düren diskutiert und beraten sowie die Orte der Zerstörung durch den Braunkohleabbau besucht. Eröffnet wurde die Klimasynode mit einem Grußwort des Aachener Bischof Dieser, der darin die Wichtigkeit eines konsequenten Einsatzes der Kirche für den Klimaschutz betonte. Bewegende Zeugnisse von Menschen, die im Rheinischen Braunkohlerevier leben, standen im Mittelpunkt einer Prozession durch das Umsiedlungsdorf Manheim und den Hambacher Forst, der auf starkes mediales Interesse stieß.
Zum Abschluss der „Klimasynode von unten“ wurde eine gemeinsame Erklärung der TeilnehmerInnen verabschiedet, die sich an die Amazonassynode wendet, die noch bis zum 27. Oktober in Rom tagt:
„Die ökologische Frage ist eng verknüpft mit der sozialen Frage, ja darüber hinaus mit der Frage, wie wir in unserem „gemeinsamen Haus“ (LS) leben und wirtschaften wollen. Dies gilt für Amazonien, für das Rheinische Braunkohlerevier und die Welt als Ganzes,“ heißt es in der Erklärung. „Menschen, Natur und Kultur dürfen nicht länger der Effizienz-, Verwertungs- und Wachstumslogik geopfert werden. Dieser Logik ist allerdings mit individueller Umkehr allein nicht beizukommen, wir brauchen vielmehr eine gesellschaftliche Umkehr.“
Dr. Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik, das gemeinsam mit dem Katholikenrat Düren, dem Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen und der Inititative Buirer für Buir die „Klimasynode von unten“ durchgeführt hat, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis: „Unsere Klimasynode war für viele Menschen eine bestärkende Erfahrung, sich weiter für umfassende gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Veränderungen einzusetzen, die allein den Klimawandel stoppen können. Sie war ein Begegnungsort von ChristInnen, Engagierten aus Sozialen Bewegungen und Menschen, die sich die Frage stellen, wie sie gemeinsam mit anderen konkret an solchen Veränderungen arbeiten können, lokal und global.“
Die TeilnehmerInnen der „Klimasynode von unten“ brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass ihre Botschaft auf der Amazonassynode in Rom aber darüber hinaus auch in der Kirche in Deutschland gehört und aufgegriffen wird.
Gemeinsame Erklärung der „Klimasynode von unten“
im Rheinischen Braunkohlerevier, 18.-20. Oktober 2019 an die Amazonassynode in Rom (06.-27. Oktober 2019)
„[Die Erde] schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat.“ (LS 2)
Diese Worte aus der Einleitung der päpstlichen Enzyklika Laudato Si bewegen auch uns, die Teilnehmer*innen der „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohle-revier, und verbinden uns in der Sorge um das Schicksal der Schöpfung mit den Teilnehmer*innen der Amazonas-synode in Rom.
Immer gravierender zeigen sich die globalen Auswirkungen der Klimakatastrophe. Die Umwelt-zerstörung durch Profitinteressen und der schonungslose Ressourcenverbrauch gefährden den gemeinsamen Lebensraum. Im Amazonasgebiet wird diese Zerstörung besonders deutlich und die Leidtragende ist die Natur mit den am stärksten von Armut betroffenen Menschen:
„Der Klageruf Amazoniens spricht also konkret vom Widerstand gegen jene, die das ganzheitlich verstandene Leben zerstören wollen. Diese orientieren sich an einem von Produktion, Marketing und Konsum bestimmten Wirtschaftsmodell, in dem die Maximierung des Gewinns wichtiger ist als die Grundbedürfnisse von Mensch und Umwelt. Das heißt, der Widerstand richtet sich also gegen jene, die weder die Rechte der Menschen noch der Natur in Amazonien respektieren.“ (Instrumentum Laboris der Bischofssynode – Sonderversammlung für Amazonien, Nr. 51)
Wir dürfen auch nicht ignorieren, dass zunehmend Kriege und Militarisierung die Folge dieser Klimakatastrophe sind, Kriege um Ressourcen, Kriege um Wasser und Mineralien, um unsere imperiale Lebensweise abzusichern.
Was in Amazonien geschieht, erleben wir auch hier im Rheinischen Braunkohlerevier: Dörfer werden abgerissen und ihre Bewohner*innen zur Umsiedlung gezwungen, riesige Waldgebiete gerodet, Kulturgüter und wertvolle Ackerböden vernichtet und durch Grundwasserab-senkungen entstehen massive Folgeschäden.
Aber auch hier gibt es Widerstand gegen solche und andere Formen der Zerstörung der Erde und dieser Widerstand ist nicht lokal begrenzt, sondern international. Das zeigen uns die Proteste der letzten Jahre in vielen Teilen der Welt und gegenwärtig in besonderer Weise die Schüler*innen und Menschen jeden Alters, die unter dem Motto „Fridays for future“ auf die Straße gehen. Immer mehr Menschen sagen „nein“ zur einer Gesellschaft, in der Ausbeutung, Herrschaft und Leid als natürlich, notwendig und damit unveränderbar erscheinen. Ihr Slogan und damit auch der unsere lautet: „System change, not climate change!“
Die Protestierenden in aller Welt haben erkannt, was auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato Si betont: „Eine Strategie für eine wirkliche Veränderung verlangt, die Gesamtheit der Vorgänge zu überdenken, denn es reicht nicht, oberflächliche ökologische Überlegungen einzubeziehen, während man nicht die Logik infrage stellt, die der gegenwärtigen Kultur zugrunde liegt.“ (LS 197) Dies macht überdeutlich: die ökologische Frage ist eng verknüpft mit der sozialen Frage, ja darüber hinaus mit der Frage, wie wir in unserem „gemeinsamen Haus“ (LS) leben und wirtschaften wollen. Dies gilt für Amazonien, für das Rheinische Braunkohlerevier und die Welt als Ganzes.
Menschen, Natur und Kultur dürfen nicht länger der Effizienz-, Verwertungs- und Wachstumslogik geopfert werden. Dieser Logik ist allerdings mit individueller Um-kehr allein nicht beizukommen, wir brauchen vielmehr eine gesellschaftliche Umkehr.
Wir brauchen also eine neue Wirtschaftsweise jenseits des zerstörerischen, unter Wachstumszwang stehenden Kapitalismus, um den Klimawandel zu stoppen. Wir brauchen Menschen, die sich dafür bereits heute in Bewegung setzen, um deutlich zu machen, dass Alternativen notwendig und möglich sind.
Dafür wollen wir für ein neues Verständnis von Ökumene einstehen: die Gemeinschaft all derer, Christ*innen wie Nicht-Christ*innen, die sich dafür einsetzen, dass diese Erde bewohnbar bleibt, die ein gutes Leben für alle erkämpfen wollen. Dafür ist organisierter Widerstand durch Soziale Bewegungen „von unten“ wichtig, im Rheinland, in Europa, weltweit.
Unsere „Klimasynode von unten“ im Rheinischen Braunkohlerevier fordert die Amazonassynode der katholischen Bischöfe auf, in unser klares Bekenntnis einzustimmen:
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eine Überwindung der gegenwärtigen globalen Verhältnisse, die dazu führen, dass Kapitalinteressen und Profitlogik über dem Menschen stehen, wie sich dies beispielhaft etwa am Mercosur-Abkommen oder am Projekt „Hidrovia-Amazonica“ zeigt
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deutliche Solidarität mit den in der Klimabewegung aktiven Menschen, die das, was unseren Lebensraum auf Dauer zerstört, anklagen, die sich entschieden gegen die vermeintliche Alternativlosigkeit des Immer-weiter-so engagieren und Wege aufzeigen, wie ein gutes Leben für alle aufgebaut werden kann
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eine deutliche Stellungnahme gegen die Umsiedlung und Vertreibung ganzer Bevölkerungsgruppen durch die Abholzung von Wäldern und die Zerstörung von Lebensräumen
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ein neues kirchliches Bewusstsein für die Dringlichkeit ökologischer und sozialer Fragen in allen Gemeinden und Diözesen weltweit im Sinne einer „Spiritualität der globalen Solidarität“ (LS 240).
Düren, Rheinisches Braunkohlerevier am 20. Oktober 2019
=========> hier geht es zur spanischen Version
Berichterstattung über die Klimasynode:
https://www.domradio.de/audio/klimasynode-von-unten-im-rheinischen-braunkohlerevier
https://epaper.zeitungsverlag-aachen.de/2.0/article/eee2eb1508
und: Bischöfe aus Amazonien schliessen neuen Katakombenpakt:
Unsere Klimasynode von unten im Rheinischen Braunkohlerevier im WDR:
https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/lokalzeit-aachen/video-lokalzeit-aus-aachen—402.html