Emanzipatorische Wissenschaftskritik … in Zeiten von Klimakrise & Pandemie

Fürstenberghaus, Domplatz 20-22, Münster, Raum F4

Angesichts der Klimakatastrophe und der Covid-19-Pandemie gibt es fast so etwas wie eine Beschwörung der Wissenschaft. Diese Wissenschaft im Singular aber gibt es nicht. Stattdessen haben wir es mit herrschaftlichen Vorannahmen und ebensolchen Interessen zu tun, die unreflektiert die Diskurse prägen. Eine linke Kritik bezog sich dementsprechend immer auf die Wissenschaft im Kapitalismus. Aber ist das noch selbstverständlich?
Das Buch Emanzipatorische Wissenschaftskritik unternimmt den Versuch, Selbstverständlichkeiten gegen den Strich zu bürsten, um so den Mechanismen der Macht auf die Spur zu kommen.
Die gleichlautenden Veranstaltung mit Herausgeber und Verleger Martin Birkner (Wien) will den Perspektiven emanzipatorischer Wissenschaftskritik nachgehen und sie diskutieren.

In dem Buch sind zwei Beiträge aus dem ITP erschienen, die hier auch online abrufbar sind.

„Frieden gibt es nicht auf dem Weg der Sicherheit“ (D. Bonhoeffer)

Wie der globale Süden den Krieg sieht und warum die Militarisierung der Politik keine Lösung ist

Podium aus Anlass des evangelischen Kirchentages in Nürnberg mit Rita Segato (Argentinien), Sandiswa Lerato Kobe (Südafrika), Michael Ramminger (ITP)

Freitag, 9. Juni 2023 um 19 Uhr

Angesichts des Krieges in der Ukraine hat Bundeskanzler Scholz von der Notwendigkeit einer „Zeitenwende“ gesprochen. Wir sehen darin eine Abkehr von einem friedenspolitischen Denken, dass Kriege als Mittel der Politik ablehnt und für zivile Möglichkeiten der Konfliktlösung eintritt.

In der Selbstdarstellung der westlichen Staaten als Verteidiger*innen der Menschenrechte erkennen wir auch eine Verschleierung der geostrategischen Interessen, die durchgesetzt werden wollen. Wir sind der festen Überzeugung, dass auf dem Wege der militärischen Verteidigung nationaler Interessen keine friedliche und gerechte Weltordnung zu erreichen ist, sondern diese nur durch internationale Dialogbemühungen, Demilitarisierung und grundlegende Veränderungen der ungerechten globalen Wirtschaftsordnung erreicht werden kann.

Daher wollen wir anlässlich des Kirchentages in Nürnberg mit Vertreter*innen aus dem globalen Süden darüber diskutieren, was heute Voraussetzungen einer gerechten und friedlichen Weltordnung wären. „Frieden gibt es nicht auf dem Weg der Sicherheit“ (D. Bonhoeffer) weiterlesen

Sexuelle Differenz. Feministisch-psychoanalytische Perspektiven auf die Gegenwart

Die Autorin Tove Soiland und die Herausgeberin Anna Hartmann stellen das Buch Sexuelle Differenz. Feministisch-psychoanalytische Perspektiven auf die Gegenwart (Unrast 2022) am 14. April um 19 Uhr im Hörsaal der WWU Münster, JO 1 (Johannisstraße 4, 48143 Münster) vor.

In den letzten Jahren ist durch feministische Streiks und Arbeitskämpfe in Pflegeberufen das Problem der Sorge wieder in den Fokus gerückt. Doch was sollte das Ziel dieser Kämpfe sein? Welches Verständnis von Geschlecht prägt die neoliberal-kapitalistischen Gesellschaften und wie funktioniert die aktuelle Struktur des Patriarchats? Wie wäre ein Feminismus heute zu denken, der die neo-patriarchale Struktur heutiger Gesellschaften angemessen erfassen und daraus Ansatzpunkte für feministische Interventionen entwickeln kann? Sexuelle Differenz. Feministisch-psychoanalytische Perspektiven auf die Gegenwart weiterlesen

Rundbrief 58 erschienen

Unser halbjährlicher Rundbrief ist erschienen. Die Artikel sind zu folgenden Themen: 1.) Eine politisch-theologische Kritik der Zeitenwende, 2.) ein Beitrag zu globalen Perspektiven auf die gegenwärtige Weltordnung, 3.) eine Erinnerung an 50 Jahre Putsch in Chile und die christliche Solidaritätsbewegung und 4.) eine bildungstheoretische Reflexion über die Deformation der Subjekte im digitalen Neoliberalismus.

Download hier: Rundbrief 58

Der Rundbrief kann auch in größerer Anzahl bei uns in der Print-Version kostenlos bestellt werden. Wer unseren Rundbrief noch nicht im Abo zugeschickt bekommt, kann uns gerne die Anschrift per Mail mitteilen.

Wir freuen uns über eine kritisch-interessierte LeserInnenschaft.

„Militarisierung und Aufrüstung sind ein Komplex, dem zu begegnen verlernt wurde“

Eine Diskussion über Antimilitarismus, Pazifismus, die Legitimität von revolutionärer Gewalt und die Rolle von Christ*innen im Kampf für eine andere Welt

Mit: Cristina Yurena Zerr und Jakob Frühmann, Autor*innen des Buches Brot und Gesetze brechen, Christlicher Antimilitarismus aus der Anklagebank (Mandelbaum-Verlag, Wien 2021) und Benedikt Kern und Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik. Veröffentlicht am 11.03.2023.

Antimilitaristischer ziviler Ungehorsam von Christ*innen, die in das Militärgelände Büchel eingedrungen sind.
Antimilitaristischer ziviler Ungehorsam von Christ*innen, die in den Militärstützepunkt Büchel eingedrungen sind.

Benedikt Kern: In eurem Buch „Brot und Gesetze brechen“ bezieht ihr euch auf die antimilitaristische Praxis von Christ*innen in der Pflugschar- und Catholic Worker-Bewegung. Diese Aktionen der Besetzung von Militärstützpunkten bis hin zu Sabotageaktionen und deren Erklärung vor Gerichten werden in eurem Buch auch als mystische Praxis und Bekenntnis beschrieben. Wie stehen hier aus eurer Sicht Mystik und Politik im Verhältnis zueinander? Steckt nicht in christlich-friedensbewegten Interventionen die Tendenz, dass es viel um Bekenntnis geht und wenig um Sabotage, die wirklich eine Unterbrechung des militaristischen Normalzustandes ist?

Jakob Frühmann: Ja, das stimmt teilweise. Wir haben uns auch die Frage nach der Effektivität solcher Aktionen, die teilweise starke Symbolkraft haben, aber nur sehr kleine materielle oder politische Auswirkungen, gestellt. Gleichzeitig ist es vielleicht auch wichtig, bei aller Verwegenheit und revolutionärer Sehnsucht bescheiden oder demütig zu bleiben und festzustellen: Radikal Position zu beziehen ist ein Anfang und schon schwer genug. Wer von uns traut sich auf eine Militärbasis einzubrechen? Was, wenn alle Christ:innen dieser Welt auch nur einen Bruchteil der christlichen Ethik ernst und ein paar Wochen Knast aufgrund ihres antimilitaristischen Zeugnisses auf sich nähmen? „Militarisierung und Aufrüstung sind ein Komplex, dem zu begegnen verlernt wurde“ weiterlesen

Chat, GPT und die Kontrollgesellschaft

Seminar des Arbeitskreises ReligionslehrerInnen am ITP

Samstag, 25. März 2023

Bei diesem Seminar des Arbeitskreises ReligionslehrerInnen am ITP wird es um eine Auseinandersetzung mit dem Wandel in den Klassenräumen gehen: Von Foucaults Disziplinargesellschaft hin zum Narzissmus im Denken von Isolde Charim. Die Fortbildung denkt Foucault in Bezug auf die Ich-Ideale der Kontrollgesellschaft weiter. Zentral ist dabei das Buch „Die Qualen des Narzissmus“ von Isolde Charim: „Die Menschen sind geradezu besessen von der Sorge um sich selbst“, so Charim. Die zentrale Frage dabei lautet immer: Wie erreiche ich mein eigenes Ideal? Diese narzisstische Selbstsorge ist aktuell der Motor der kapitalistischen Gesellschaft. Charims Ansatz bietet eine gute Analysebrille für den schulischen Alltag. Die neuen Techniken der Digitalisierung, die auch in den Klassenräumen immer mehr Eingang finden, harmonieren mit dem Narzissmus der Kontrollgesellschaft und dienen einer unbemerkten Unterwerfung. Diese Zusammenhänge wollen wir aufdecken und reflektieren. Wir freuen uns auf spannende Diskussionen.

Das Seminar findet statt um 10-16 Uhr im ITP in Münster. Um Anmeldung wird gebeten.

Jeder hat das Recht auf Empörung … lieber Herr Prof. Halík,

Antwort auf den Prager Theologen und Philosophen Prof. Tomáš Halík und seine Polemik gegen die Friedensdemonstration in Berlin vom 25.02.2023:

Jeder hat das Recht auf Empörung lieber Herr Prof. Halík, aber christliche PazifistInnen als nützliche Idioten zu diffamieren, ist absolut inakzeptabel. Eine solche Rede zeugt von einem Freund-Feind-Denken und von einem Bellizismus, der seit einem Jahr schon nicht in der Lage ist, diesen grausamen Krieg zu beenden. Immer mehr Waffen türmen sich auf, immer mehr Menschen sterben. Jeder hat das Recht auf Empörung … lieber Herr Prof. Halík, weiterlesen

„Den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt.“ ( 2 Tim 4,7) Zum Tode von Renate Wind

Renate Wind

Am 9.Januar 2023 ist Renate Wind (geb.1950), emeritierte Professorin für biblische Theologie, nach einem Herzinfarkt in Heidelberg gestorben. Eine große politische Theologin und engagierte Pfarrerin, eine beispielgebende Friedenskämpferin (Christliche Friedenskonferenz – CFK u.a.m.) und auch eine bis zuletzt überzeugte Sozialistin ist uns vorangegangen „ins ewige Vaterhaus“. Im Angesicht des Todes versagt die exakte Wissenschaftssprache und wir nehmen gerne Zuflucht, wie auch hier, zu Metaphern, Bildern und Visionen. In beiden Sprachwelten war Renate Wind zu Hause und wusste diese auch souverän miteinander durch die Arbeit der Zuspitzung zu verknüpfen. Dies wird belegt durch den breiten Fächer ihrer Publikationen, die von bestechenden Biographien über einfallsreiche sozialgeschichtliche Bibelstudien bis hin zu pointierten politischen Interventionen reichen. „Den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt.“ ( 2 Tim 4,7) Zum Tode von Renate Wind weiterlesen

Unsere Freundin und Mitstreiterin Brigitte Thomas ist verstorben

Foto: Eine Welt Forum

Mit großer Trauer haben wir am Institut für Theologie und Politik zum Jahresbeginn die Nachricht vom plötzlichen Tod von Brigitte Thomas aufgenommen.

Wir waren mit Brigitte Thomas verbunden durch ihr langjähriges Engagement beim Eine Welt Forum und vor allem auch über ihren unermüdlichen Einsatz für die Geflüchteten und MigrantInnen, die in Münster leben. Besonders die Roma, „die vergessenen Opfer des Holocaust“ lagen ihr dabei am Herzen. So war es für Brigitte nichts ungewöhnliches im Morgengrauen gemeinsam mit anderen an einer Flüchtlingsunterkunft zu stehen, um gegen eine angekündigte Abschiebung zu protestieren und das Unrecht, das sie nicht verhindern konnte, zumindest sichtbar zu machen. Als mutige, überzeugte und überzeugende Streiterin für die Rechte der MigrantInnen und Geflüchteten war Brigitte Thomas eine Verbündete, die uns fehlen wird. Für sie war es stets klar, dass der Einsatz für gerechte globale Verhältnisse, für eine Welt, in der Menschen dort leben können, wo sie wollen einhergeht mit dem Engagement gegen Abschiebung und Entrechtung von Geflüchteten und MigrantInnen.

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Lützerath zeigt, dass eine andere Welt nötig und möglich ist

Unter Einsatz massiver Polizeigewalt ist in den letzten Wochen das von Aktivist:innen besetzte Dorf Lützerath am Rande des rheinischen Tagebaus Garzweiler zunächst geräumt und dann zerstört worden, um auf Geheiß der Schwarz-Grünen NRW-Landesregierung in den nächsten Jahren dort Braunkohle zu fördern und klimaschädlich zu verfeuern.
Mit der ökumenischen Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ haben wir die Räumung hautnah miterlebt.

Prozession von „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ aus Anlass der repressiven Räumung Lützeraths.

Es ist erschütternd, wie im Übergang vom fossilen zum nicht weniger gewaltförmigen grünen Kapitalismus die Zerstörung vorangetrieben wird, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und damit Profitinteressen autoritär durchzusetzen. Tausende Menschen haben sich dem entgegengestellt und mit ihren vielfältigen Protestformen gezeigt, dass eine andere Welt nötig und möglich ist. Denn selbst wenn Lützerath nun dem Erdboden gleichgemacht ist, bleibt doch diese Erfahrung gemeinsam erlebter Solidarität – trotz allem Scheitern. Deshalb ist es nun wichtig, der Repression zu widerstehen und die von ihr betroffenen Menschen zu unterstützen.

Die Prozession wurde von der Polizei aufgehalten und schließlich sogar gewaltsam bedrängt. Wenige Tage später wurde gegen die Teilnehmenden sogar Pfefferspray eingesetzt.