Pressemitteilung: Von der Sorge um das gemeinsame Haus bewegt

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Von der Sorge um das gemeinsame Haus bewegt – ChristInnen solidarisieren sich mit Ende Gelände und beklagen Haltung der Evangelischen Kirche in der Lausitz

MitarbeiterInnen des Instituts für Theologie und Politik und UnterzeichnerInnen des Aufrufes „ChristInnen beteiligen wir uns gemeinsam an ‚Ende Gelände!‘ haben auf die Vorwürfe von Generalsuperintendent Martin Herche an die VeranstalterInnen von Ende Gelände reagiert. In einem offenen Brief werfen sie der Evangelischen Kirche in der Lausitz vor, mit ihrer Art der Intervention einseitig Partei für den Energiekonzern Vattenfall zu ergreifen und damit in der Klimafrage „kein verlässlicher Partner in dieser Auseinandersetzung um die Zukunft des Planeten, auf dem wir leben,“ zu sein.

„Uns treibt die von vielen geteilte Sorge um, dass Profitinteressen über den Erhalt unseres gemeinsamen Hauses, der Erde, gestellt werden,“ so heißt es in dem Brief. Deshalb sind gerade auch ChristInnen aufgerufen, Aktionen des Zivilen Ungehorsams zu unterstützen, die auf die absolute Dringlichkeit des Umwelt- und Klimaschutzes verweisen.

Mit Unverständnis sehen die UnterzeichnerInnnen des Briefes die Beurteilung der Aktionen an Pfingsten durch den Generalsuperintendenten. Insbesondere, da den AktivistInnen von Ende Gelände Gewalt vorgeworfen wird, ohne dies näher zu erläutern, die von Polizei- und Medienberichten bestättigten Übergriffe auf KlimaaktivistInnen durch Neonazis und rechte Gruppierungen aber keine Erwähnung finden.

So kritisiert der offene Brief die „Versuche der Kirchen, sich als vernünftige und besonnene, moderierende Kräfte in dieser Gesellschaft darzustellen“, wenn sich dahinter der Versuch verberge „auf der Seite der herrrschenden und leider mächtigen Unvernunft anerkannt zu werden oder zu bleiben.“

Mit Freude nehmen die UnterzeichnerInnen des Briefes dagegen das vermehrte Interesse an einem Engagement für den Klimaschutz und die Unterstützung der Aktionen von Ende Gelände durch zahlreiche ChristInnen, die den Aufruf „Christ_innen, beteiligen wir uns gemeinsam an „Ende Gelände“!“, (http://www.itpol.de/?p=2145) unterzeichnet haben, zur Kenntnis.

Der Brief an den Generalsuperintendenten der Evangelischen Kirche in der Lausitz:

Sehr geehrter Herr Generalsuperintendent,

als MitarbeiterInnen des Instituts für Theologie und Politik und ErstunterzeichnerInnen des Aufrufes „ChristInnen beteiligen wir uns gemeinsam an ‚Ende Gelände!‘ haben wir von Ihrem Brief vom 20.05. 2016 erfahren.

Wir freuen uns sehr, dass sich die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dem Umwelt- und Klimaschutz verpflichtet sieht und „konsequenterweise entsprechende Beschlüsse verabschiedet hat“, wie Sie schreiben. Da aber offenkundig all diese Beschlüsse nicht viel genutzt haben, insofern Vattenfall mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den bevorstehenden Verkauf des Braunkohleabbaus die Weiterzerstörung der Lausitz über Jahrzehnte ermöglicht, hat EndeGelände zu Aktionen zivilen Ungehorsams aufgerufen und diese durchgeführt. Uns treibt die von vielen geteilte Sorge um, dass Profitinteressen über den Erhalt unseres gemeinsamen Hauses, der Erde, gestellt werden. Als ChristInnen sind wir darüber hinaus auch besorgt, dass gerade die Kirchen allzu oft kein verlässlicher Partner in dieser Auseinandersetzung um die Zukunft des Planeten, auf dem wir leben, sind.

Ihr offener Brief scheint uns leider dafür ein deutlicher Beleg zu sein. Im Blick auf unsere Aktionen zu Pfingsten übernehmen Sie die Darstellung der Medien nicht nur, sondern machen Sie sich zueigen, anstatt unsere doch von Ihnen behaupteten gemeinsamen Anliegen zu stärken. Anders ist es nicht erklärlich, dass sie vermeintlichen „Rechtsbruch, Vandalismus, Gewalt und Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ durch AktivistInnen zum Dreh- und Angelpunkt Ihres Briefes machen.

Kein Wort über die tätlichen Angriffe durch Neonazis, die bis ins Camp vorgedrungen sind und dort Leute überfallen haben, kein Wort davon, dass die Polizei die TeilnehmerInnen gegen verbale und tätliche Angriffe schützen musste. Stattdessen haben sie in landeskirchlicher Unterwerfungsmanier dem Vorstand von Vattenfall gegenüber Ihre Besorgnis über die „persönlichen Belastungen“ von Mitarbeitern ausgedrückt: Wäre es unter seelsorgerlichen Aspekten nicht sinnvoller gewesen, dies den Mitarbeitern gegenüber direkt zu tun? Wo war ihr seelsorgerliche Beistand für die beleidigten und angegriffenen Demonstrierenden? (Vielleicht können Sie es nachvollziehen, dass wir vor diesem Hintergrund Ihre Forderung, der „Rechtsstaat müsse gerade wegen seiner Diskreditierung durch Rechtspopulisten“ konsequent geschützt werden, einigermaßen befremdlich finden.)

Wir an „Ende Gelände“ beteiligten ChristInnen sind der unendlichen Versuche der Kirchen, sich als vernünftige und besonnene, moderierende Kräfte in dieser Gesellschaft darzustellen müde. Dahinter verbirgt sich doch ganz durchsichtig nichts anderes, als das Bemühen, auf der Seite der herrrschenden und leider mächtigen Unvernunft anerkannt zu werden oder zu bleiben. Welche ein Widerspruch zu Ihrer und unserer Gründungsgeschichte!

Aber – Gott sei Dank – gibt es immer mehr ChristInnen, die das verstehen (vgl. Aufruf „Christ_innen, beteiligen wir uns gemeinsam an „Ende Gelände“!“, http://www.itpol.de/?p=2145) und sich deshalb auf den Weg in die Lausitz gemacht haben und deren Anliegen international auf ein großes und zustimmendes Echo gestoßen sind. In diesem Sinne möchten wir unseren Einspruch gegen Ihre Darstellung der Aktionen von Ende Gelände öffentlich deutlich machen und haben dazu eine Pressemitteilung verfasst, die wir diesem Brief beifügen.

Wir wünschen Ihnen alles Gute bei ihren Versuchen einen „konstruktiven, vertrauensvollen Dialog für eine gute Zukunft der Lausitz“ zu organisieren. Viel Zeit haben Sie nicht mehr. Sagt die Schöpfung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Ramminger, Cordula Ackermann, Philipp Geitzhaus, Dr. Julia Lis