Münster, 06.02.2020
Münster/Datteln. Wie in der Presse bereits berichtet wurde in der Nacht vom ersten auf den zweiten Februar ein Fahrzeug mit drei Personen in der Nähe des Kohlekraftwerkes Datteln IV von PolizeibeamtInnen der 18. Hundertschaft aus Recklinghausen angehalten und die Personen in Gewahrsam genommen. Das Bild des Geschehens, das von der Polizei gezeichnet wurde, ist nicht zutreffend. Es handelt sich hierbei vielmehr um den Versuch, eine grundlose Festnahme im Nachhinein zu rechtfertigen.
Bei zwei der drei in Gewahrsam genommenen Personen handelt es sich um MitarbeiterInnen des Instituts für Theologie und Politik in Münster, das seit über 25 Jahren Forschungs- und Bildungsarbeit an der Schnittstelle von Kirche und Sozialen Bewegungen betreibt. In diesem Zusammenhang hatte das Institut auch am Welttreffen der Sozialen Bewegungen mit Papst Franziskus im Vatikan teilgenommen, um dort über die Aktivitäten gesellschaftlicher Basisbewegungen in Deutschland zu berichten.
Aktuell beschäftigt sich das Institut in enger Zusammenarbeit mit anderen kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren intensiv mit der Klimafrage und hatte hierzu im Oktober die Klimasynode organisiert. Aus Interesse für Aktivitäten der Klimabewegung waren die TheologInnen auch in Datteln unterwegs.
Nach einer Kontrolle der Fahrzeugpapiere und der Personalien wurden sie und das Fahrzeug auf gefährliche Gegenstände durchsucht. Obwohl die Polizei keine auffälligen Gegenstände gefunden hatte, wurden alle drei Personen in einem Gefangenentransporter ins Polizeipräsidium gebracht, dort vollständig entkleidet und über Nacht in Einzelzellen gesperrt. Das Auto wurde beschlagnahmt. Straftaten wurden ihnen zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen. Als Begründung der Maßnahme diente lediglich die Einschätzung der Polizei, sie würden annehmen, dass man sich eventuell an Protestaktivitäten beteiligen wolle. Erst um 10 Uhr am nächsten Morgen wurden alle drei freigelassen. Ihnen wurde ein dreimonatiges Betretungsverbot für eine mehrere Quadratkilometer umfassende Zone rund um das Kraftwerk ausgesprochen.
„Wir sind schockiert und entsetzt wie wir von den PolizeibeamtInnen behandelt wurden,“ so Benedikt Kern, Theologe und einer der Betroffenen. „Wir wurden wie SchwerverbrecherInnen behandelt, mussten uns bei halboffenen Türen in den Zellen entkleiden und die Nacht in Unterhosen verbringen. Wir werden gegen dieses Vorgehen alle rechtlichen Schritte ausschöpfen, haben uns aber auch entschlossen es öffentlich zu machen. So etwas darf nicht als normale polizeiliche Praxis präsentiert werden.“
„Wir verstehen als unsere wissenschaftliche Aufgabe kritisch hinzuschauen, wo Menschenrechte eingeschränkt oder in Frage gestellt werden“, so Dr. theol. Julia Lis vom Institut für Theologie und Politik. „In der Vergangenheit haben wir oft in diesem Kontext die Entrechtung von Geflüchteten problematisiert. Wir hätten aber nicht geahnt, dass wir nun jetzt selbst in eine Situation geraten sind, die wir in diesem Kontext als äußerst problematisch empfinden. Es kann nicht sein, dass Menschen eingesperrt werden, wenn nur vermutet wird, dass sie mit der Klimabewegung sympathisieren.“
Akteure der Klimabewegung, wie zum Beispiel das Aktionsbündnis Ende Gelände, hatten vor wenigen Tagen zu Protesten gegen das Kohlekraftwerk Datteln IV aufgerufen, das Mitte des Jahres ans Netz gehen soll. Sie kritisieren, dass so der dringend notwendige Kohleausstieg konterkariert wird und die benötigte Steinkohle unter menschenrechtswidrigen Bedingungen in Sibirien und Kolumbien weiter gefördert wird.
Pressekonferenz:
Am Dienstag, 11.02.2020 um 11:00 Uhr, im Cinema/neben*an, Warendorfer Str. 45, 48145 Münster, lädt das Institut für Theologie und Politik ein zu einer Pressekonferenz, bei der u.a. auch die Betroffenen selbst zu den näheren Details Stellung nehmen und für Fragen zur Verfügung stehen werden. |
Für Presseanfragen, Interviews und Hintergrundgespräche stehen Benedikt Kern und Dr. Julia Lis unter der Telefonnummer 0251-524738 oder per Mail kontakt[ät]itpol.de zur Verfügung. Hier die Erklärung als PDF